Salvai
Er konnte die Anspannung seiner Verlobten allein dadurch spüren, als sie ihre Hand etwas fester in seinen Ärmel krallte. Allerdings wusste er ohne auch nur zu ihr zu sehen, wie sie gleich reagieren würde. Immerhin hatten sie gestern darüber gesprochen und sich noch die ganze Nacht den Kopf darüber zerbrochen. Sein Blick lag weiter auf dem schwarzhaarigen der nun genauer darauf einging was ihn verletzt hatte, er erinnerte sich daran das er den Satz Kleine unwichtige Dinge bereits am Vorabend widerholt hatte. Er hatte es falsch verstanden, wie er auf seine nachfolgenden Worte noch merkte und kurz überlegte er bereits etwas dazu zu sagen. Aber es war eine Sache zwischen den beiden, daher tat er nichts weiter außer ihr nun den Hut aus den Händen zu nehmen welchen sie noch immer gehalten hatte.

Das war schließlich auch der Moment, in dem Lissie nun nah an Viren herantrat und einfach nach seiner anderen Hand griff. Die Geste mit Vitas hatte sie bemerkt, zeigte erneut das es den schwarzhaarigen ehrlich getroffen hatte. Virens Hand nun etwas hochhaltend legte sie ihre zweite nun über seinen Handrücken, spendete dadurch Wärme. Den Blick hatte sie dabei nicht abgewendet. "Ich hatte mit dem Satz nicht die Tatsache gemeint, dass es sich in dem Text um eine Menschenfrau und einen Wassermann gehandelt hatte." Versicherte sie ihm schließlich, "Damit war lediglich das Gemälde gemeint, dass ich noch in Erinnerung behalten hatte. Ich war noch sehr jung als es damals in der Bibliothek meines Vaters hing, durch einen Brand ist es leider zerstört worden. Ich will damit nur sagen das..." Schließlich blickte sie doch zur Seite, weil sich nun das schlechte Gewissen bemerkbar machte. "... damit nie die Umstände einer Geburt gemeint waren." Sie wusste nicht, weshalb das Thema für Viren ausschlaggebend war, welche Herkunft er hatte und was er erlebt haben musste. Aber was sie wusste war das sie niemals jemanden für seine Herkunft verurteilen würde, hatten doch sie und Salvai ebenfalls damit zu kämpfen gehabt.

Sie war die einzige Tochter eines Fürsten gewesen, ihre Familie mit Ausnahme ihres Vaters hatten sie dafür verurteilt nicht als Sohn geboren worden zu sein. Immerhin war ihre Mutter nach ihrer Geburt verstorben wodurch sie keine weiteren Geschwister hatte. Ihr Vater hatte sie in allem unterstützt, er hatte ihr Freiheiten gelassen von der Töchter anderer Adeliger nur träumen konnten. Mit den Dorfkindern spielen, den Umgang mit dem Schwert zu erlernen, Reiten im Männersattel, Hosen zu tragen, sie als das zu akzeptieren was sie war. Die Gedanken an ihren Vater waren mit einem Mal so präsent wie schon lange nicht mehr und nur schwer konnte sie ihre Gedanken wieder auf die aktuelle Situation lenken. "Ich hatte angenommen Ihr wärt wütend über etwas gewesen, dass ich nicht herauszufinden vermochte. Ich hatte Euch wirklich nicht verletzen wollen, bitte verzeiht mir." Noch immer hielt sie seine Hand fest, die Worte waren ehrlich gemeint.

Die Grünhaarige löste sich von Salvai und trat näher. Als sie nach meiner Hand griff war meine erste instinktive Reaktion Rückzug. Wieso sollte ich mich von ihr berühren lassen wollen? Doch der leichte Druck, welchen Vitas auf meine andere Hand ausübte sorgte dafür, dass ich stillhielt und Lissandra meine Hand in die ihren nehmen ließ. Ihre folgende Erklärung zog mir für einen Moment den Boden unter den Füßen weg. Das Bild. Ich hätte mit meiner Interpretation ihrer Worte kaum ferner von der Wahrheit liegen können. Als sie schließlich den Blick abwendete traf mich das schlechte Gewissen. Und es traf hart. Ihre vorherigen Worte wiederholten sich in meinem Kopf. Sie war in den Adelsstand hineingeboren worden. Und doch reiste sie nun mit einer Gruppe an Schaustellern. Salvais Erklärung, dass sie sich erst vor einem halben Jahr Tetetra angeschlossen hatten, schob sich in den Vordergrund. Was auch immer sie aus ihrem vorherigen Leben gerissen hatte, war vielleicht noch nicht einmal lange her. Doch ganz gleich ob alte Wunde oder eine frische. Ich hatte sie mit meiner Überreaktion zielsicher wieder aufgerissen. Wut und Schmerz welche sich zuvor gegen die Grünhaarige gerichtet hatten wendeten sich nun gegen mich selbst. „Nein“, bat ich leise. „Entschuldigt Euch nicht. Ich bin derjenige, welcher Euch um Verzeihung zu bitten hat.“ Meine Hand übte nun sanft Druck auf die ihre aus während ich versuchte Worte zu finden um das Chaos in meinem Inneren greifbar zu machen.

Ich fühlte mich so einfältig, dass dieser Begriff nicht einmal annähernd ausreichte um das Gefühl zu beschreiben. Ein Missverständnis. Für welches Lissandra sich in der Verantwortung zu fühlen schien. Grundlos. „Die Schuld liegt gänzlich bei mir. Ich habe Eure Worte falsch interpretiert und Euch nicht einmal die Gelegenheit gegeben Euch zu erklären“, versuchte ich ihr die Schuld zu nehmen, welche ich meinte in ihren Worten zu hören. Ehe ich jedoch fortfahren konnte, unterbrach mich Vitas mit einem nachdenklichen Summen. Irritiert zuckte mein Blick zu ihm, was er als Einladung aufzufassen schien sich selbst in das Gespräch zu mischen. „Schuldzuweisungen helfen hier niemandem“, setzte er ruhig an. „Es war ein Missverständnis. Eine ungünstige Wortwahl. Eine undurchdachte Reaktion. Niemand ist dabei zu Schaden gekommen. Ich schlage also vor Vergangenes in der Vergangenheit zu lassen und uns der Zukunft zuzuwenden. Und in meiner Zukunft sehe ich ein Mittagessen. Ihr seid herzlich eingeladen.“ Während er sprach glitt sein Blick langsam von mir, zu Lissandra und schließlich zu Salvai. Auch wenn es vielleicht so wirken musste, nahm Vitas die Angelegenheit nicht auf die leichte Schulter. Jedoch sah er auch keinen Grund darin ihr mehr Gewicht zuzusprechen als sie tatsächlich besaß. Sein Eingreifen bewahrte beide Seiten davor sich noch weiter hineinzusteigern in eine Sachen, welche tatsächlich nur das war: Ein Missverständnis. Dennoch stand ich noch immer angespannt dort und wartete auf die Reaktion von Lissandra und Salvai. Ob sie wirklich so einfach gewillt sein würden dieses Thema hinter uns zu lassen?

Salvai
Den Hut schließlich unter seinen Arm klemmend wanderte sein Blick kurz und auffällig zu seinen Freunden, er nickte Maestro kurz zu. Die Gruppe schien in Aufbruchstimmung zu sein und verstand den Wink das sie ruhig gehen konnten, eine Traube noch immer begeisterter Menschen befand sich bei den Schaustellern und auch Isaac schien sich mit ein paar Mädchen zurückzuziehen. Sein Blick richtete sich schließlich wieder auf seine Verlobte, Viren und Vitas. Leichter Schmerz bildete sich in seiner Brust als er selbst von seiner Position aus erkannte, wie ernst es ihr war. Es war keine Kunst herauszuhören, dass sie nun ein schlechtes Gewissen hatte. Sie bat ihn um Verzeihung und... er reagierte ebenfalls so. Mit einem Mal machte das ganze mehr Sinn, er hatte ihre Worte falsch interpretiert und war verletzt abgedampft. Er musste bald schon etwas breiter lächeln als sich die Situation immer mehr lichtete, "Ich kann Vitas nur zustimmen." Sagte der braunhaarige schließlich, dabei warf er dem weißhaarigen einen dankenden Blick zu. Er hatte nämlich Recht, es war jetzt geklärt und beide würden sich vermutlich noch etwas länger Vorwürfe machen. "Die Einladung nehmen wir gerne an, ich bin ehrlich... vor dem Auftritt habe ich nicht so viel gegessen, sonst platzt mir mein Oberteil noch aus allen Nähten. Dafür habe ich jetzt aber wirklich Hunger." Scherzte er dann auch gleich, ohne dabei gekünstelt zu sein.

Lissie musste schließlich ebenfalls lächeln, als Viren ihre Hand etwas drückte und sich herausstellte, dass er sie lediglich Missverstanden hatte. Sie hatte bereits leicht ihren Kopf geschüttelt um ihm zu versichern, dass es verständlich war wie er reagiert hatte und er sie nicht um Verzeihung bitten musste. Aber sein Freund ergriff bereits das Wort, sowie ihr Verlobter der ihm zustimmte. Nur langsam lies sie Virens Hand nun los und trat einen Schritt zurück, um wieder alle anzusehen. "Missverständnisse passieren... aber es zeigt von Stärke sie aus der Welt zu räumen." Waren nun ihre Worte darauf, womit sie sagen wollte das es die beiden ehrte auf sie zugegangen zu sein. Salvais Worte entlockten ihr schließlich ein noch breiteres Lächeln, bevor sie mit wenigen Schritten bereits wieder bei ihm war und ihm nicht gerade sanft mit dem Handrücken gegen den Bauch klopfte. "Hattest du heute Morgen nicht bereits zwei Schüsseln Milchreis?" Sie war einfach nur erleichtert das die Situation schließlich ein gutes Ende gefunden hatte, hätte Viren sie nun abgewiesen... wüsste sie nicht, was sie noch hätte sagen sollen. Aber das er ihre Worte so missverstanden hatte verpassten ihr Kopfschmerzen, er hatte die ganze Zeit über das Thema Herkunft nachgedacht und sie vermutlich für einen schrecklichen Menschen gehalten.

Salvai ergriff ohne zu Zögern Vitas' dargebotene Möglichkeit das Thema hinter uns zu lassen und als auch Lissandra dem zustimme, begann ich mich wieder zu entspannen. Dies war auch für Vitas das Zeichen seine Hand aus der meinen zu lösen. Die Aussicht mich in Ruhe und dieses Mal hoffentlich ohne Missverständnisse über einem Essen mit den beiden zu unterhalten hob meine Laune überraschend schnell wieder. Die Worte mit welchen der Braunhaarige die Einladung annahm kamen unerwartet und ich konnte nicht anders als aufzulachen. „Etwas stramm sitzt sie schon“, neckte ich freundlich. „Vitas hat eingeladen. Ihr müsst Euch also nicht zurückhalten aber schade wäre es durchaus um die Uniform.“ Vitas schnaubte belustigt, doch sein Blick glitt gleich darauf über die beiden hinweg. Ich folgte seiner Blickrichtung und erkannte, dass die anderen Mitglieder von Tetetra bereits dabei waren aufzubrechen. Jakob, dem es zwischenzeitlich augenscheinlich gelungen war sich von seinem … Gesprächspartner zu lösen fing meinen Blick auf. Ich lächelte ihm freundlich zu und hoffte, dass er verstand, dass wir die Situation geklärt hatten und ich gerne später auch noch mit den anderen sprechen wollte. Er spiegelte mein Lächeln mit einem knappen Nicken woraus ich schloss, dass es immerhin erkennbar war, dass wir die Spannung zwischen uns gelöst hatten. „Ich sollte mich den anderen noch erklären“, richtete ich das Wort wieder an Salvai und Lissandra. „Aber solange ihr beide bei uns seid, sollte sich mir diese Gelegenheit auch später noch bieten.“ Immerhin würde die Gruppe wohl kaum ohne die beiden ihre Zelte abbrechen. „Ist Euch ein Gasthaus ins Auge gefallen, in welches Ihr gerne einkehren möchtet oder sollen wir die Auswahl übernehmen?“, überlies ich erst einmal den beiden die Wahl. Diese Frage sorgte auch dafür, dass Vitas Aufmerksamkeit von den abziehenden Schaustellern zu uns zurückkehrte und abwartend auf den beiden vor uns zu liegen kam.

Salvai
Virens Lachen verpasste ihm nur ein breiteres Grinsen, bevor er die Hand seiner Verlobten von seinem Bauch schob, als sie noch etwas dagegen klopfen wollte. Durchaus spielte er mit dem Gedanken sich erst umzuziehen, andererseits war der Gedanke besser das Lissie ihm Abends aus der Uniform helfen könnte. Daher verwarf er die Idee auch gleich wieder. "Nun, ich habe immerhin nichts zu verbergen." Den Kommentar hatte er sich nicht verkneifen können. "Nach dem Essen können wir mit den anderen darüber reden." Stimmte sie Viren schließlich zu, es war nicht nur besser dafür alle zu versammeln und in einem etwas privateren Umfeld darüber zu sprechen. Am besten ohne unnötige Zuhörer, die es hier mit Sicherheit auch gegeben hatte. Salvai schüttelte schließlich leicht den Kopf, "Das Gasthaus ist Euch überlassen, aber es sollte bestenfalls nicht zu weit weg sein." Ungelogen, er konnte so viel essen wie er wollte ohne das man es ihm ansah. Dafür bewegte er sich natürlich viel, ging jagen und übte die ein oder andere körperliche Tätigkeit aus die selbst Maestro schwer fiel.

Salvai nahm schließlich ein paar Kreuzer aus dem Hut und steckte sie in die Hosentasche, falls er sie benötigen würde. "Wenn ihr mich kurz entschuldigen würdet, ich komme gleich wieder." Wandte er sich schließlich an alle, auch seine Verlobte, bevor er auch schon losging und den erstbesten aus ihrer Gruppe ansprach den er antraf. Es handelte sich um Rosetta die in einer breiten Tasche das gesamte, gesammelte Geld bei sich trug. Er sprach mit ihr und überreichte ihr den Hut, gab ihr Bescheid das es mit Viren ein Missverständnis gegeben hatte sie nun aber alles geklärt hatten, näher ging er darauf gar nicht ein. Rosetta nickte brav und blickte an ihm vorbei, um Viren und Vitas ein zaghaftes Lächeln zu schenken. Sie sagte ihm noch das der Gastwirt, auf dessen Hof ihre Kutsche stand, der Gruppe Getränke ausgeben wollte, weshalb sich alle - mit Ausnahme von Isaac - wieder zurückbegaben. In der Zeit wandte sich Lissie wieder den beiden zu, "Euer Licht also." Sagte sie nun in einem verschwörerischen Ton an Viren gerichtet, davon ausgehend das Viren seinem Freund nicht das haargenaue Gespräch über das Thema wiedergegeben hatte.

Ich hob auf die Worte des Braunhaarigen nur belustigt eine Augenbraue. Selbstvertrauen hatte er, das musste man ihm lassen. Und zumindest was diesen Punkt anging zurecht, soweit ich das bisher beurteilen konnte. Uns die Wahl des Gasthauses überlassend wandte er sich ab um Rosetta die restlichen Münzen zu überreichen. Das Mädchen lächelte zaghaft in unsere Richtung und ich konnte nicht umhin mich noch einmal zu fragen ob sie grundsätzlich schüchtern war oder nur mir gegenüber dieses Verhalten an den Tag legte. Auf der Bühne war davon jedenfalls nichts zu fühlen gewesen. Keine Unsicherheit. Keine Nervosität. Sie hatte wie ausgewechselt gewirkt. Ich erwiderte ihr Lächeln während Vitas in einer grüßenden Geste den Kopf neigte. Das Mädchen sagte noch etwas zu Salvai, doch richtete Lissandra in diesem Moment das Wort an uns indem sie das Thema von gestern wieder aufgriff. Mit ihrem Tonfall hatte sie sich Vitas‘ Interesse gesichert. „Dein Licht?“, wiederholte er fragend während sein Blick neugierig zwischen uns hin und her glitt. „Ja“, antwortet ich ohne zu Zögern während ich mich so drehte, dass ich ihm nun gegenüberstand und ihm somit geradewegs in die Augen blicken konnte. „du bist mein Licht in finsterer Nacht. Die Schatten du vertreibst mit deiner Macht.“ Ich fiel in einen leisen Singsang und Vitas ließ sich nicht lange bitten. „Und du bist mein Licht am helllichten Tag. Deine Wärme ich stets zu spüren vermag“, kam seine Reaktion ebenso sicher wie die meine. „Allein bei dir das Gefühl mich umgibt“, fuhr ich fort ehe Vitas unsere spontane Einlage vollendete. „Dass ich werde bedingungslos geliebt.“

„Ich bin mir sicher, Ihr seid in der Lage dieses Gefühl nachzuvollziehen“, sprach er schließlich weiter. Und obwohl sein Blick noch immer mit dem meinen verankert war, waren die Worte an Lissandra gerichtet. „Mir ist nicht entgangen mit welchem Blick ihr euren Verlobten betrachtet.“ Mit diesem Satz löste er seine Aufmerksamkeit von mir und wandte sich wieder der Grünhaarigen zu. Seinem Beispiel folgend drehte ich mich ebenfalls wieder in ihre Richtung. „Vor allem, wenn Ihr der Ansicht seid, dass niemand Euch beachtet“, fügte ich an während ich an den gestrigen Abend zurückdachte. „Bedingungslose Liebe. Das ist es was ich in Eurem Blick lesen kann“, erläuterte ich während ich mit einer Hand eine auffordernde Geste machte uns in Bewegung zu setzen. Vitas folgte mit langsamen Schritten, damit Salvai uns problemlos würde einholen können. Ich hatte bisher nicht wirklich eine Entscheidung getroffen, in welches Gasthaus wir einkehren würden. Salvai wollte in der Nähe bleiben. Am Marktplatz selbst war ein Gasthaus, welches ich jedoch bereits kannte. Auf unserem eiligen Weg hierher hatten wir ein Wirtshaus passiert welches ich noch nicht betreten hatte. Es konnte sich ebenso als ausgezeichnete wie als fürchterliche Wahl herausstellen aber dies würden wir nur herausfinden indem wir es darauf ankommen ließen.

Lissie beobachtete wie Salvai nun zu Rosetta ging um mit ihr kurz zu sprechen und ihr die verdienten Münzen zu überreichen. Dabei löste sie nun auch den strengen Zopf aus ihren Haaren, so das ihre brustlangen Haare wieder ihr Gesicht umrahmten. Das Band steckte sie nun in die Hosentasche. Sie sah bald schon wieder zu Viren und Vitas, als beide auf ihre Worte einging. Neugierde lag in ihrem Blick als beide sich gegenseitig mit einem singenden Ton ergänzten. Ihre Blicke aufeinander waren unverkennbar. Beide Stimmen waren unbeschreiblich schön, obwohl sie kein wirkliches Lied angestimmt hatten. Zu gern würde sie ein ordentliches Duet der beiden hören... mit passender Musik. Zumindest konnte sie nun erahnen, weshalb Salvai gestern vom Gesang so begeistert gewesen war. Sie klatschte leicht in die Hände, nicht übertrieben aber ausreichend genug, um den beiden zu zeigen das sie beeindruckt war. Hatten sich beide das im Moment erst ausgedacht? Es klang perfekt aufeinander abgestimmt. Gerade dachte sie daran, das diese Worte sie an Salvai und sich erinnerten, als Vitas wohl genau den Gedanken aussprach und Viren diese mit seinen Worten noch untermauerte. Kurz schwieg sie, allerdings nur weil ihr Blick erneut zu Salvai wanderte. "Das bin ich." Sagte sie nun mit einem warmen Ton, setzte sich ebenfalls in Bewegung als die beiden nun losgingen. "Ich mag sehr kreativ sein, aber meine Liebe die ich für ihn empfinde zu beschreiben ist etwas das mir nicht gelingen kann. Nichts wäre ausreichend genug um das Gefühl zu erklären das uns verbindet und er in mir auslöst." Dabei strich sie nun eine ihrer Haarsträhnen hinter das Ohr, die beiden würden verstehen was sie meinte. Hatte auch Viren gestern davon gesprochen, dass nichts seine Beziehung mit Vitas auch nur annähernd beschreiben könnte. Und so erging es ihr auch, in dem Fall war Salvai wohl kreativer wenn er sie mit seinen mehr schlecht als rechten Gedichten belagerte. Es durchflutete sie fast schon ein Sturm an Gedanken, was sie bisher gemeinsam erlebt und gefühlt hatten. Es verpasste ihr schließlich eine leichte Röte auf die Wangen. Gerade als sie geendet hatte hörte sie dann bereits hinter sich Schritte, die sie jederzeit ihrem Verlobten zuordnen konnte. Salvai hatte bald schon aufgeholt und ging nun an ihrer Seite, "Ich habe den anderen kurz Bescheid geben das wir mit Euch noch unterwegs sind." Sagte er schließlich grinsend, nicht wissend worüber sie eben noch gesprochen hatten.

Lissandras Antwort spiegelten wieder was ich gestern bereits erfolglos versucht hatte ihr und Salvai zu vermitteln. Eine Bindung, welche sich nicht in Worte fassen ließ. Ganz gleich wie geschickt man im Umgang mit diesen sein mochte. Es bewies mir immerhin, dass sie mich dennoch verstanden hatte und es keiner weiteren Worte zwischen ihr und mir bedurfte um uns zu verstehen. Für einen Moment schienen ihre Gedanken abzudriften und woran auch immer sie dachte, es trieb ihr eine hübsche Röte in die Wangen. Schritte näherten sich und derjenige, der für den Rotton verantwortlich war schloss sich uns grinsend wieder an. Es war beinahe niedlich wie arglos er war, gänzlich ahnungslos worüber wir uns bis eben noch unterhalten hatten. „Nicht weit von hier befindet sich das Wirtshaus ‚Zum tänzelnden Pony‘“, setzte ich ebenso grinsend an. „Bisher hat sich mir nicht die Gelegenheit geboten diesem einen Besuch abzustatten. Insofern keine Einwände gegen ein kleines kulinarisches Abenteuer bestehen, wäre dies mein Anlaufpunkt.“ Ich wollte den beiden immerhin die Gelegenheit geben abzulehnen. Das Gasthaus am Marktplatz wäre die Alternative. Sowohl Ambiente als auch Gerichte waren dem Standpunkt am Marktplatz angemessen. Preislich war es eher hoch angesetzt aber dies war nichts worüber sich die beiden heute Gedanken machen mussten und immerhin wusste ich nicht ob das Pony nicht preislich noch darüber lag.

„Ist die Entscheidung bereits gefallen, wie lange Tetetra in der Stadt bleiben wird?“, schnitt Vitas ein neues Thema an während wir den Platz überquerten. „Viren erwähnte, dass Ihr von mehreren geplanten Auftritten berichtet habt. Das bedeutete, dass sich uns noch öfter die Gelegenheit bieten wird in den Genuss Eurer Kunst zu kommen?“ Auch wenn er die letzte Frage bereits selbst beantwortet hatte, lag darin die indirekte Frage nach dem nächsten Termin. Interessiert wartete ich auf die Antwort der beiden. Sollte ich die Gelegenheit dafür erhalten würde ich mir Tetetra mit Freuden noch öfter auf der Bühne ansehen. Darüber hinaus hatte Salvai mich darum gebeten für Gruppe zu singen. Etwas zu dem wir gestern ebenfalls nicht mehr gekommen waren. Ich hatte ihn herausgefordert mich zu überzeugen. Aktiv versucht hatte er es nicht aber die Art und Weise wie ich von der Truppe aufgenommen worden war und vor allem Lissandras Künste waren mehr als genug Gegenleistung für einen privaten Auftritt. Noch hatte Vitas nicht erwähnt, wann wir wieder abreisen würden. Die Chancen standen also durchaus gut, dass sich noch die Gelegenheit bieten würde Salvais Bitte nachzukommen.

Salvai
Er passte sich ihren Schritten schließlich an, "Keine Einwände." Beeilte er sich daher mit einem breiten Grinsen zu sagen, bisher hatte er sich nur über das Gasthaus erkundigt bei dem sie im Hinterhof schliefen. Daher war er natürlich höchst motiviert das Wirtshaus aufzusuchen das noch einen recht interessanten Namen hatte. Als Vitas sich nun erkundigte wie lange sie in der Stadt bleiben würden lag ihm die Antwort bereits auf der Zunge, allerdings kam Lissie ihm zuvor. "Wir haben noch vor zwei oder drei Tage hier zu bleiben. Geplant ist noch ein weiteres Theaterstück, aber nicht für morgen." Erzählte sie bereitwillig, während sie sprach hakte sie sich wieder bei Salvai unter. "Maestro wird bei Gelegenheit noch auf dem Marktplatz etwas Musik spielen." Fügte er noch mit an. Meistens führten sie zwei oder drei Theaterstücke in einer Stadt auf, je nachdem wie lukrativ sie waren. Zwischendurch gab es durchaus kleine Einlagen, es war nicht selten das Rosetta allein durch ihre Agilität und Beweglichkeit mehrere Kreuzer dafür bekam als wenn Maestro zwei Instrumente gleichzeitig spielte. Sein Talent mit dem Bogen hatte er natürlich ebenfalls oft genug demonstriert, wenn kleine Jungen so große Begeisterung dafür zeigten. "Was ist mit Euch, werdet Ihr in der Stadt noch singen? Oder für uns?" Die letzte Frage fügte er schließlich ganz unschuldig mit an, immerhin hatte er ihr Gespräch nicht vergessen. Sie gingen nun an dem Brunnen vorbei, an dem Salvai gestern die Pferde getränkt und Viren getroffen hatte.

Keine Einwände. Es freute mich das zu hören. Wäre es doch ein wenig enttäuschend gewesen festzustellen, dass die beiden nicht einmal zu diesem kleinen Risiko bereit gewesen wären. Kaum hatte Salvai diese beiden Worte über die Lippen gebracht, beantwortete seine Verlobte auch bereits Vitas‘ Fragen. Zwei oder drei Tage. Aber der nächste Auftritt war noch nicht für morgen geplant. Fragend glitt mein Blick zu dem Weißhaarigen und der Blick welchen ich von ihm auffing sagte mir, dass ich die Chance haben würde auch das zweite Stück der Gruppe zu bewundern. Die Freude darüber spiegelte sich auf meinem Gesicht wieder während ich bereits über die Antwort auf Salvais Fragen nachdachte. Meine linke Hand glitt zu dem Katana an meiner Seite. Das meiste Geld, welches ich besessen hatte befand sich nun im Besitz von Vitas‘ neuem Freund, dem Schmied. Doch reichten die verbleibenden Münzen noch immer eine Weile für Kost und Logis. Darüber hinaus legte Vitas Wert darauf, dass ich nicht innerhalb zu kurzer Zeit zu oft in der selben Stadt auftrat. Es war nicht normal, dass ein Barde einen gesamten Marktplatz einfror. Zu oft würde ungewollte Aufmerksamkeit auf uns lenken. Also schüttelte ich nur den Kopf. „Nein, ich denke nicht, dass es einen weiteren Gesangsauftritt geben wird. Aber vielleicht kann ich mich Maestro mit meiner Lyra für die ein oder andere Einlage anschließen“, schlug ich stattdessen gut gelaunt vor. „Was den zweiten Teil Eurer Frage betrifft: Es wäre mir eine Ehre.“ Während ich sprach bogen wir auch bereits in die gesuchte Straße ein und das Pony kam in Sicht.