Salvai
Der braunhaarige saß auf einem dunkelbraunen Hengst und ritt neben einer etwas älteren, sehr bunten Kutsche die von zwei Eseln gezogen wurde. Ein weiterer Reiter mit einer weißen Stute begleitete den Trupp auf der anderen Seite, sie ritten bereits seit dem frühen Morgen um noch am Mittag die nächste Stadt zu erreichen. Diese konnte man bereits von der erhöhten Position in der sie sich befanden sehen. Lissie saß hinter Salvai im Sattel und hatte sich gegen den breiteren Rücken gelehnt, dabei waren ihre Arme um seinen Bauch gelegt um beim dösen nicht vom Pferd zu fallen. Der Mann auf dem anderen Pferd trällerte etwas auf einer Laute und sang dazu, die Kutsche selbst war sehr beladen mit Kleidung, verschiedensten Musikinstrumenten, Büchern und Nahrungsvorräte. Während innen drei Kinder mit Mutter und Tante schliefen, saßen auf dem Kutschbock ein Jugendlicher und ein älterer Mann, welcher auch den Karren lenkte. Auf dem Dach selbst saß noch ein junges Fräulein, welche die Beine baumeln lies, einerseits achtete sie auf das Gepäck und gleichzeitig behielt sie die Umgebung im Auge. Räuber und Banditen waren in den Gegenden recht häufig. Salvai genoss die kleine musikalische Einlage seines Freundes und war etwas in Gedanken, sein Pferd war durchaus in der Lage selbstständig den richtigen Weg einzuschlagen. Daher waren die Zügel auch etwas locker in seiner Hand. Vor einem Jahr waren er und Lissie der Schauspielergruppe begegnet, sie hatten sich recht schnell mit ihnen angefreundet und begleiteten sie seitdem. Salvai selbst kümmerte sich um Essen und die Sicherheit, ab und an konnte er auch mit seinen Pfeil und Bogenkünsten die Menge beeindrucken. Veira war diejenige welche ständig das Programm änderte, wenn sie sich ausführlich mit ihrem Vater und den anderen beraten hatte. Entweder spielten sie alte Geschichten und Legenden nach, oder sie spielten etwas was es zuvor noch nicht gegeben hatte und aus der Feder von Maestro stammte. Neben kleinen Theaterauftritten gab es natürlich Tanzeinlagen, ein paar Talente die jeder in der Gruppe vorzuzeigen hatte, Gesangseinlagen und vieles mehr. Sie waren ein ziemlich bunter Haufen der es schaffte sich irgendwie zu organisieren. Er selbst hatte in den Theaterstücken immer die Nebenrollen, aber das störte ihn nicht sonderlich. Lissie war dafür diejenige welche Hauptrollen spielte und auf der das meiste Augenmerk lag, einfach weil sie mit ihrer Stimme und ihrem Aussehen alles und jeden begeistern und in den Bann ziehen konnte. Etwas vor sich hinträumend kamen sie der Stadt immer näher, er merkte das sich Lissie irgendwann bewegte. Allerdings nur um sich enger an ihn zu drücken. Da er seinen Mantel nicht trug spürte er nur all zu deutlich ihre schönen Brüste die sich gegen seinen Rücken drückten, trotz seiner 22 Jahre errötete er dadurch leicht. "Wieder wach?" Erkundigte er sich grinsend, während er versuchte einen kurzen Blick nach hinten zu werfen. Sie strich sich ihre hellgrünen Haare hinter die Ohren, während sie ihn breit angrinste. "Wer sagt das ich geschlafen habe?" Er wendete etwas seufzend seinen Blick wieder nach vorne, "Dein Schnarchen." Antwortete er dann tot ernst, kurz schien sie ihm das sogar abzukaufen, bevor er dann lachen musste. Es verging eigentlich kein Tag an dem er nicht glücklich war, der Schatten der einige Zeit auf ihnen gelegen hatte war immer mehr in den Hintergrund gerückt. Sie hatten alles verloren, aber so lange er Lissie an seiner Seite hatte würde er mit allem Leben können. Schließlich klapperten die Hufe der Tiere über eine steinerne Brücke, die nächste Stadt war direkt vor ihnen.

@Viren

„Euer Äpfel stellen die Waren Eurer Konkurrenz weit in den Schatten“, teilte ich meine Meinung gut gelaunt mit dem vollbärtigen Mann, welcher hinter dem Stand mit besagtem Obst stand und bis ich die Stimme erhoben hatte, kurz davor gewesen war mir wegen Diebstahls die Hand abzuhacken. Hatte ich mich doch einfach bedient ohne für den saftig roten Apfel zu bezahlen. Die Magie in meiner Stimme sorgte jedoch dafür, dass er sich entspannte. „Ich schufte nicht umsonst härter als manche dieser möchte-gern-Händler hier“, knurrte er leise, den Blick seiner eisblauen Augen dabei über den vollen Marktplatz zu einem Stand auf der anderen Seite gleiten lassend hinter welchem ein schmächtiger Rothaariger diverses Gemüse feilbot. „Betrachtet es als einmalige Kostprobe. Den nächsten bezahlt ihr“, fuhr der Braunhaarige an mich gerichtet fort. „Selbstverständlich.“ Ein dankbares Lächeln auf den Lippen wandte ich mich von dem Stand ab und dem Markplatz zu, welcher so kurz vor Mittag reichlich besucht war. Die optimale Gelegenheit für einen kleinen Auftritt. Langsam schlenderte ich durch die Menge. Des Gewichtes der Lyra wieder bewusstwerdend überlegte ich welches Lied sich am besten eigenen würde. Die Stimmung war gut, die Sonne stand hoch am Himmel, die Geschäfte liefen hervorragend. Also etwas Ausgelassenes, Freudiges. Die Reste des Apfels verspeisend warf ich das Kernhaus in einen der Büsche, welche den Platz säumten ehe ich die Richtung änderte und auf den Brunnen zuhielt, welcher die Mitte des Marktes markierte. Mein etwa Mitte 20-jähriges Spiegelbild begrüßte mich als ich einen Blick in das Wasser warf. Die leicht unter die Schulter reichenden Haare waren zurückgebunden und ich hatte mich für unauffällige Kleidung entschieden. Ein einfaches weißes Hemd, welches nur knapp zur Hälfte geschlossen war und damit einen nahezu ungehinderten Blick auf meine Brustmuskeln ermöglichte, welche zwar erkennbar waren aber weit davon entfernt auszusagen, dass ich tagtäglich auf den Feldern arbeitete. Dem Kerl hinter dem Obststand konnte ich bei weitem nicht das Wasser reichen aber das beabsichtigte ich auch nicht. Eine schwarze Stoffhose und gleichfarbige Wanderstiefel. Die einzige Farbe fand sich in der meerblauen Bauchbinde. Dennoch sorgte meine Natur dafür, dass sich diverse Blicke bereits jetzt in meine Richtung wandten obwohl ich noch nicht einmal etwas unternommen hatte um dies zu beabsichtigen.

Salvai
Während seine Gruppe die steinernde Brücke überquerte, merkte man bereits hier das heute wohl Markttag war. Viele Ochsenkarren fuhren an ihnen vorbei, sehr viele Händler waren zu sehen. Dort ein Fischer der seinen Fang Richtung Stadt trug, leere Körbe die von den Frauen wieder zurück zu den Bauernhöfen in der nahen Umgebung gebracht wurden. Lachende Kinder und ernst dreinblickende Soldaten, auch sie wurden schließlich angehalten um pro Person einen Kreuzer zu zahlen. Sie hatten vor hier großen Gewinn zu machen, daher waren Weggebüren nur ein sehr kleines übel, vor allem da die Kinder noch nicht mit eingerechnet wurden. Als Salvai für die Gruppe zahlte und noch kurz die Kutsche durchsucht wurde, durften sie passieren. Abfällige Blicke von Soldaten oder Wachposten war nichts neues, nicht jeder war offen für Spielereien und Theater. Dafür war allerdings das normale Volk der beste Kunde, abgesehen von einigen Adeligen die solche Gruppen liebten und sie selbst in den Burgen und Schlössern spielen ließen. Aber das war bisher nur zwei Male passiert. Als sie nun die Brücke verließen, war der breite Weg der zum Marktplatz führte bereits links und rechts gesäumt mit verschiedenen Ständen. Später würde er vermutlich noch Einkäufe erledigen, wenn Veira ihm Anweisungen gab was sie zum kochen brauchen würden. Er kannte sich zwar damit aus Fleisch zu verarbeiten und zuzubereiten, allerdings waren alle anderen Kochangelegenheiten die Aufgabe der dreifachen Mutter. Wobei Salvai als Mann für das Kochen vermutlich mehr Interesse hatte als normal war. Das lag aber auch nur daran weil er Essen einfach liebte, frisches Brot... frisch gefangener Lachs... oder ein Wildschweinbraten mit Soße... seine Gedanken wurden nicht unbedingt von den duftenden Gerüchen in der Straße unterbrochen. Eine sehr lebhafte Stadt, perfekt um hier einige Auftritte zu geben. Da es immer enger wurde, beschloss er bald schon vom Ross abzusitzen. Danach nahm er Lissie an ihrer Taille um sie vom Pferd zu haben, er hatte etwas Geld für sich gespart und wollte ihr damit etwas schönes kaufen. Vermutlich würde man bei anderen Frauen an Seide, Schmuck oder Schminke denken, er allerdings hatte vor ihr einen Degen zu schenken. In der Schmiedekunst war er leider nicht sonderlich begabt, daher würde er mit seinem angesparten Geld nach einem schönen Stück suchen. Ihren Degen hatte sie beim damaligen Überfall auf sein Heimatdorf im Kampf verloren, da er aber um ihre Liebe zu dem Schwert wusste war ihm schon immer klar gewesen ihr wieder eines zu beschaffen. Während er in Gedanken war hatte er Lissie noch immer nicht losgelassen, grinsend sah sie zu ihm auf. "Wir werden uns einen Platz suchen, in der Zeit solltest du die Pferde zum Brunnen oder einer Tränke bringen." Meinte sie dann schließlich, das war ihre normale Vorgehensweise. Während sie mit der Kutsche einen guten Platz suchen würden kümmerte er sich meistens um die Pferde, die Esel waren die Aufgabe von Maestro um die er sich dann später kümmern würde wenn sie einen Platz gefunden hatten. Als Besagter ebenfalls vom Pferd absetzte überreichte er Salvai schließlich die Zügel, um sie herum ging es immer noch geschäftig zu weshalb sie sich beeilten mit der Kutsche einen passenden Platz zu suchen. Die Wahl des Standortes auf einem Markt war ebenfalls wichtig. Er sah dann nur zu wie seine Gruppe in der Menge verschwand, bevor er mit beiden Pferden an seiner Seite nach einer Schenke suchte die vielleicht für die Pferde Reisender Tränken anbot.

Den Blick von meinem Spiegelbild lösend trat ich einen weiteren Schritt nach vorne und nach oben auf den Rand des runden Brunnens. Als ich mich wieder der Menge zuwandte lenkte ein Karren, welcher sich durch die Menge arbeitete meine Aufmerksamkeit auf sich. Alt, abgenutzt aber noch immer bunt. Ich konnte über die Köpfe der Anwesenden hinweg nur wenige der Begleiter des Wagens ausmachen aber ich erkannte andere Schausteller, wenn ich sie sah. Nun gut, sie und ich waren nicht die einzigen, welche hier auf guten Gewinn hofften. In dem Gasthaus, welches mitr Unterkunft bot hatte gestern Abend ein Dichter seine Werke zum Besten gegeben. Nicht unbedingt hochgradig intellektuelle Arbeiten aber für die dort Anwesenden die richtige Wahl. Er war ordentlich entlohnt worden. Allerdings war er mit einer Dame auf ein Zimmer verschwunden ehe ich die Gelegenheit bekommen hatte mich mit ihm zu unterhalten. Ich war gespannt darauf was diese Truppe zu bieten hatte. Sie sollten sich wohl jedoch einen anderen Tag für ihren Auftritt suchen, denn wenn ich meine Darbietung beendet hatte würden sie kaum mehr Aufmerksamkeit erhalten. Kein menschlicher Auftritt konnte sich mit dem Gesang einer Sirene messen. Meine Finger glitten über die Seiten der Lyra.

„Ja, beschützt und behütet,
hat sie ihr Leben verbracht.
Doch ihr Herz sich sehnt nach mehr,
weshalb sie zieht in die Nacht.“

Meine Stimme war leise, erreichte nur die Ohren derjenigen in direkter Nähe des Brunnens. Doch entfaltet sie ihre Wirkung wie gewohnt. Die Gespräche verstummten. Die Blicke glitten in meine Richtung. Nach den ersten Zeilen erhob ich meine Stimme weiter bis sie gut hörbar über den gesamten Marktplatz hallte. Ich sang von den fröhlichen, lustigen Abenteuern einer Dame, welche dem goldenen Käfig ihrer Geburt entflohen war um ihr Leben in Freiheit zu verbringen. Meine langen Finger glitten geschickt über die Seiten der Lyra während ich mit einer Anmut, welche den Neid jeder Katze auf sich ziehen würde entlang des Brunnenrandes balancierte. Alles in allem war der Auftritt sehr einfach gehalten, nur die Sonnenstrahlen welche sich hinter mir im Wasser brachen sorgten für etwas Glanz. In meiner Stimme lag nicht einmal Magie. Es lag in meinen Genen, dass sie dennoch das Schönste war, das ein Mensch jemals zu hören bekommen würde.

Die letzten Töne verklangen. Der Marktplatz hielt den Atem an. Niemand sprach, niemand bewegte sich. Aller Aufmerksamkeit war auf mich gerichtet. Und ich genoss es in vollen Zügen. Mit einem zufriedenen Lächeln ließ ich einige Sekunden verstreichen ehe ich mit einer Verbeugung den Zauber löste, der keiner war. Die Menge brach in lautstarken Jubel und Applaus aus. Erste Münzen wurden gezückt noch während ich elegant vom Rand sprang und aus meiner Bauchbinde einen leeren Beutel zog in welchen sich im nächsten Moment bereits ein Schauer aus Münzen der begeisterten Zuhörer ergoss. Mit einem dankbaren Lächeln auf den Lippen badete ich in den Komplimenten, welche mitsamt des Geldes ihren Weg zu mir fanden.

Salvai
Der Jäger führte die beiden schönen Tiere geschickt über den Marktplatz, die Tiere waren erschöpft weshalb er sich damit beeilte eine Wasserquelle für sie zu suchen. Je näher er der Mitte des Marktplatzes kam, desto stiller wurde es. Daher etwas überrascht beobachtete er mit seinen gelben Augen aufmerksam die Anwesenden, all ihre Köpfe waren in eine Richtung gedreht. Kaum war er näher an einen gut sichtbaren Brunnen getreten, konnte man einen jungen Mann beobachten welcher auf einer Lyra spielte. Erst hörte er eine Melodie, er kannte das Liedstück, allerdings hatte er noch nie jemanden so... nahezu perfekt die schönen Töne spielen hören. Selbst Maestro würde in seinem ganzen Leben die Lyra nicht so spielen können. Dann erklang bereits eine etwas leise, aber sehr wohltuende Stimme. Es war auch die, welche alle anderen Anwesenden den Atem stocken ließen. Sich leicht gegen seinen dunkelbraunen Hengst lehnend strich er sanft über die Nüstern des Tieres, während sein Blick den Bewegungen des jungen Barden folgte. Die Kombination der Stimme, der Lyra und des eigentlich nicht spektakulären Auftrittes war etwas das sein Herz auf eine andere Weise berührte.

Als dann die Einlage endete, begann er ebenfalls zu klatschen. Erst jetzt schaffte er es seinen Blick von dem Barden zu lösen, mit seinem Blick suchte er kurz seine Reisebegleiter die er im Moment allerdings nicht auffinden konnte. Sehr Schade... mit Sicherheit wären sie genauso begeistert gewesen wie er. Das Jubeln wurde mit der Zeit dann weniger. Allerdings hatte das Klimpern von Münzen auf andere Münzen nicht aufhören wollen. Er hatte noch immer vor die Pferde zum Brunnen zu bringen und er wollte selbst einen Kreuzer für die schöne Darbietung abdrücken, normalerweise war er bei so etwas sparsam. Das Gedränge um den jungen, schwarzhaarigen Mann löste sich langsam wieder auf, so ergriff er daher die Chance mit den beiden Pferden den Brunnen zu erreichen. Die Zügel loslassend verharrten beide Tiere still und mit peitschendem Schweif neben ihm, während er begann mit einem Eimer Wasser aus dem Brunnen zu schöpfen. Als die Tiere zwei volle Eimer getrunken hatten hörte er es immer noch klimpern, vermutlich machte der junge Bursche mit der kleinen Vorstellung mehr Geld als sie mit einem ganzen Theaterstück. Belustigt musste er dann etwas breit grinsen, bevor er die Zügel um einen Holzpfosten wickelte. Dann trat auch er zu ihm, die Ärmel des hellgelben Hemdes hatte er zurückgeschoben. Dazu trug er eine lockere, braune Hose und einen Gürtel, woran auch die ledernde Scheide für ein Messer befestigt war. Die geflochtene Strähne auf der rechten Seite und der Ohrring auf der linken waren eines der Zeichen, dass er einer Schauspielergruppe angehörte. Die gebräunte Hand hebend hielt er zwei Kreuzer in der Hand, inzwischen war er der letzte welcher ihm augenscheinlich noch etwas geben wollte. Um sie herum wurde der Markt wieder lauter, die Leute hatten rührend die Darbietung genossen und gingen jetzt wieder ihren Geschäften nach. "Ihr habt eine sehr schöne Stimme", sagte er dann schließlich mit einem gewinnenden Lächeln, hatte er schon erwähnt das er Lieder, Gedichte und Musik liebte? Zwar war er selbst nicht wirklich gut in... irgendwas, aber deswegen gab es ja auch diejenigen, welche die Art der Kunst beherrschten. Vielleicht ergab sich die Möglichkeit den Barden einzuladen, Salvai hätte nur zu gerne das er auch den anderen seinen Gesang zeigte. Die Kreuzer hielt er ihm entgegen, er wollte sie nicht in den bereits recht vollen Beuten werfen sondern die kleine Wertschätzung persönlich überreichen.

Es dauerte mehrere Minuten ehe mir jeder seine Wertschätzung in Wort und Münze ausgedrückt hatte. Der Beutel hatte inzwischen ein beachtliches Gewicht und mir war bewusst, dass ich damit die Aufmerksamkeit von Dieben und niedrigerem Gesindel auf mich lenkte. Ein einsamer, schmächtiger Barde mit einem viel zu schweren Geldsack. Es war nicht das erste Mal, dass jemand den Fehler machte so zu denken und es würde nicht das letzte Mal sein. Sollten sie nur kommen. Ich würde ihnen eine Lektion erteilen, welche sie davon überzeigen würde sich mir nie wieder zu nähern. Als die letzten Leute sich bereits von mir abwandten trat der braunhaarige junge Mann auf mich zu, welcher bisher seine Pferde am Brunnen getränkt hatte. Braungebrannt, bewaffnet, selbstsicher. Wäre ich auf der Suche nach einem Abenteuer für eine Nacht, wäre er durchaus ein Kandidat. So jedoch lächelte ich nur weiterhin dankbar auf seine Worte. Ich hatte dieses Kompliment so oft gehört, dass ich allein dadurch reich wäre, wenn ich für jedes Mal eine Münze bekommen hätte.

Einfallsreich war anders. Interessant an ihm war jedoch die Tatsache, dass sein Äußeres ihn als Mitglied einer Schauspielergruppe auswies. Vermutlich ein Mitglied der Truppe, welche eben mit ihrem Wagen hier aufgeschlagen war, dafür sprachen auch die beiden Pferde. „Eine Anerkennung für einen Angehörigen des eigenen Handwerks“, kommentierte ich seine dargebotenen Münzen, gab damit zu verstehen, dass ich die Zeichen seiner Mitgliedschaft durchaus erkannt hatte. „Ich weiß die Geste zu schätzen“, teilt ich meinen Dank in verbaler Form mit als ich nach den Kreuzern griff und sie ebenfalls in den Beutel fallen ließ ehe ich diesen verschloss. „Gehe ich Recht in der Annahme, dass ihr ebenfalls vorhabt hier aufzutreten? In diesem Fall rate ich dazu den Auftritt ein paar Tage zu verschieben. Die Leute hier werden erst einmal nicht mehr gewillt sein so bald ihr hart erarbeitetes Geld erneut freiwillig aus der Hand zu geben.“ Selbstsicherheit schwang in meiner Stimme, welche die Grenze zur Arroganz bereits überschritten hatte. Ich wusste, dass ich gut … nein, waren wir ehrlich … perfekt war und ich sah nicht, weshalb ich nicht stolz darauf sein sollte.

Salvai
Seine Pferde behielt er natürlich gut im Augenwinkel, es waren starke und schöne Tiere die immer und jederzeit einen wachsamen Blick benötigten. Dennoch lag seine Aufmerksamkeit mehr oder weniger ungeteilt auf dem schwarzhaarigen. Der Barde nahm ihm die Münzen ab, weshalb er seine Arme nun lässig verschränkte. Dabei hörte er den Worten des jungen Mannes zu, obwohl er nicht sang hörte man anhand seiner melodischen Stimme das er begabt darin war, sie auch zu nutzen. Nun neigte er leicht seinen Kopf. "Mein Handwerk ist lediglich bescheiden im Vergleich zu Eurem", antwortete er schließlich darauf, dabei war er auch einfach ehrlich zu sich selbst. Natürlich bemerkte er das sehr starke Selbstbewusstsein das er hatte, aber wer konnte es ihm verdenken? Noch nie hatte er gesehen das ein einzelner Barde einen gesamten Marktplatz verstummen lassen konnte, also hatte er durchaus das Recht so hochtönig zu sprechen. "Jawohl, die Theatergruppe Tetetra hat durchaus vor, einige Auftritte zum Besten zu geben" stimmte er dann mit einem breiten grinsen seiner Annahme zu.

Seine nächsten Worte überlegte er sich, einerseits lag es ihm durchaus auf der Zunge den Barden herauszufordern. Andererseits war ihm klar, das seine Gruppe eher fokussiert auf lachende Zuschauer waren, sie arbeiteten viel mit Satire und hatten eigentlich wenige Lieder die auch ernst gemeint waren. Das Programm für die nächsten Wochen war eine bunte Mischung. Der Bursche hatte also durchaus Recht das es besser war einige Tage zu warten, allerdings verbrachten sie so oder so länger ihre Zeit in einer Stadt. Die weiten Reisen die sie teilweise machten mussten sich immerhin auszahlen. "Es wäre uns eine Ehre Euch unter den Zuschauern zu wissen" womit er ihn auch einlud, sich das gerne anzusehen. Und es stimmte ja auch, es wäre durchaus interessant zu wissen was so ein guter Sänger von ihrer Gruppe halten würde. Sie hatten bereits recht viele verschiedene Erfahrungen gemacht, einigen waren manche Texte und Showeinlagen zu... rustikal, andere wiederum lobten Tetetra in den Himmel. Die Gruppe war immerhin breit gefächert, neben ernst gemeinten, gespielten Tragödien und Dramen auf der Bühne gab es reichend humoristische Auftritte die durchaus noch als Lästerei des Königshauses geahndet werden konnten.

Neben einigen besonderen Talenten die sie zu bieten hatten gab es genügend elegante Tanzeinlagen, Lieder und Musikinstrumente die von Maestro und den anderen herrlich gespielt werden konnten. Breit gefächert, am besten neben einer Schenke oder einer Gaststätte, denn betrunkene Zuschauer waren bei Gaudi aufgeschlossener als sonst. Seine Verlobte sang ebenfalls öfters, ihre Stimme hatte allerdings einen anderen Effekt auf ihn als es sonst irgendeine haben könnte. Zumindest konnte er sagen, dass von allen Künstlern die er kannte, Lissie vermutlich die einzige war welche dem Barden das Wasser reichen konnte. Die beiden in einem Duet zu hören wäre mit Sicherheit... vermutlich wären sie nach einem Auftritt reich. Seine Stimme war leider etwas zu tief, aber dafür übte er mit den anderen auch brav um zumindest musikalisch etwas aushelfen zu können. Die Gedanken wanderten wieder zu dem Barden vor ihm, noch immer dachte er über eine private Gesangsstunde für seine Kollegen nach, aber er wollte nicht wissen wie viel es kosten könnte. Daher stellte er seine nächste Frage anders, "Ich würde mir wünschen, dass meine Begleiter ebenfalls in den Genuss Eurer Stimme kommen könnten, sie wären mit Sicherheit beeindruckt. Tretet Ihr noch häufiger auf?" Die Arrogante Art schien ihn kein bisschen zu stören.

Ich konnte das Muskelspiel seiner Oberarme unter dem gelben Hemd erahnen als der Braunhaarige die Arme verschränkte. Obwohl diese Geste nicht selten mit Ablehnung einherging war ihm nichts dergleichen anzumerken. Im Gegenteil. Er schien noch immer sehr interessiert an meiner Person. Ich schnaubte amüsiert als er sein Handwerk als bescheiden bezeichnete. Grundsätzlich hatte er Recht. Ganz gleich wie gut er für einen Menschen sein mochte, mir würde er nicht das Wasser reichen können. Dennoch war es selten derartigen Realismus tatsächlich anzutreffen. „Tetetra“, wiederholte ich den Namen seiner Truppe ohne mir dabei anmerken zu lassen ob er mir etwas sagte oder nicht. Tat er nicht. Allerdings war ich noch nicht sehr lange hier. Es fiel mir also schwer zu beurteilen ob die Gruppe einfach nur unbekannt oder mein Aufenthalt hier noch zu kurz war, um von ihnen gehört zu haben. Was sollte der Name überhaupt bedeuten? Tetra sagte mir etwas. Aber Tetetra? „Liegt diesem Namen eine bestimmte Bedeutung zugrunde?“ In der Frage schwang meine Neugierde aber wieso sollte sie das auch nicht. Neues war immer interessant.

Ich nutze die wenigen Zentimeter um welche ich ihn überragte und musterte ihn ungeniert von oben herab auf der Suche nach Anzeichen dafür womit er sich an den Auftritten beteiligte. Brust und Arme waren verhältnismäßig kräftig aber für einen Akrobaten hatte er nicht die richtige Statur. Seine Stimme klang nicht wie die eines Sängers. Wie gut seine Schauspielkünste waren konnte ich aktuell nicht beurteilen. Er machte einen ehrlichen Eindruck auf mich. Entweder war er es oder er war außerordentlich begabt in seiner Kunst. Meine Antwort auf seine Einladung zu einem ihrer Auftritte ging Hand in Hand mit der Frage nach einer weiteren Zurschaustellung meines Könnens. Ich wusste es nicht. Wie lange ich mich hier noch aufhalten würde, hing von Vitas‘ Plänen ab. Allerdings hatte ich bereits mit diesem einen Auftritt mehr verdient als ich in dieser Stadt wohl ausgeben können würde. Was sollte ich mit dem ganzen Geld? Ich bekam ohnehin was ich wollte alleine dadurch, wenn ich danach fragte.

„Aller Voraussicht nach nicht. Für den Moment habe ich mehr als genug“, beantwortete ich seine letzte Frage, die Einladung übergehend. Um meine Worte zu unterstreichen hob ich den vollen Beutel ein wenig an. Wenn er schon so beeindruck von meinem Auftritt war sollte er Vitas einmal singen hören. Er besaß selbst für unsere Art eine außergewöhnliche Stimme, eine außergewöhnliche Macht. Doch handhabte er sie mit Bedacht, sang für meinen Geschmack viel zu selten. Ich liebte kaum etwas mehr als die Tage, welche ich mit ihm fernab der Zivilisation verbrachte und in denen er seine Vorsicht einmal fallen ließ, in denen er sang. Nur für mich. Ich bemerkte zu spät, dass meine Gedanken abdrifteten und ich den Braunhaarigen mir gegenüber zwar ansah aber nicht wirklich sah. Ich blinzelte einige Male um wieder im hier und jetzt anzukommen, fokussiere meinen Blick erneut auf seine durchaus beeindruckend goldgeben Augen. Ein herausforderndes Grinsen breitete sich über meine Lippen aus als ich einen wundervollen Einfall hatte. „Aber wieso überzeugt Ihr mich nicht davon nur für eure Truppe noch einmal aufzutreten? … Unentgeltlich.“ Auffordernd breitete ich die Arme ein wenig zur Seite aus um ihn anzustacheln.

Salvai
Nur leicht legte er seinen Kopf schief, während er seinen Gegenüber genau musterte. Es interessierte ihn die Bedeutung des Namens, zugegeben sie wurden sehr häufig gefragt weshalb er die Entstehung des Namens natürlich wusste. Allerdings... seine letzten Worte hörend verschwand das grinsen aus seinem Gesicht nicht wirklich, wieso fand er diesen wildfremden Barden der lediglich etwas gesungen hatte so sympathisch? Natürlich war ihm die Herausforderung bewusst, die er ausgesprochen hatte. Mit seiner Antwort zögerte er keine Sekunde. "Die Bedeutung des Namens lässt sich besser bei Tisch mit Speis und Trank erklären", womit er die Bedeutung des Namens nicht verraten wollte. Gleichzeitig war es auch eine Art Einladung, nicht jetzt, aber die Möglichkeit bestand durchaus sich in der Taverne zufällig zu treffen. "Im Überzeugen sind wir gut." Und obwohl ihm durchaus klar war, das keiner von ihnen eine derartige Stimme hatte oder Finger welche die Lyra so gut spielte wie er, war er sich dem ziemlich sicher. Eines der Pferde schnaubte, weshalb er kurz seinen Blick von dem schwarzhaarigen abwandte und die Tiere musterte. Sie waren erschöpft und wollten vermutlich endlich ihr Kraftfutter, daher löste er seine verschränkten Arme. Allerdings nur um dem jungen Mann seine Hand entgegen zu halten, er fand durchaus das diese Begegnung eine gegenseitige Vorstellung Wert war. "Salvai Galliard", stellte er sich ohne weiteren Kommentar vor, dabei funkelten seine gelben Augen gut gelaunt. Sie hatten für den Auftritt in dieser Stadt viel geübt, auch er hatte seine kleinen Parts und er freute sich bereits darauf seine Reaktion zu sehen. Natürlich konnte sie auch schlecht ausfallen, aber Salvai war ziemlich überzeugt von der Gruppe und das merkte man ihm auch an.

Der Braunhaarige antworte ohne zu zögern. Jedoch nicht so wie ich es erwartet hatte. Eine Einladung zu Mittag? Als jedoch eines der Pferde schnaubte und für einen Moment die Aufmerksamkeit meines Gegenübers auf sich zog wurde mir wieder ins Gedächtnis gerufen, dass die Gruppe eben erst hier angekommen war und erst einmal die Tiere versorgen und sich selbst einquartieren musste. Die selbstsichere und doch scheinbar bodenständige Art des Braunhaarigen gefiel mir, weshalb ich mit einem vergnügten Lächeln nach seiner dargebotenen Hand griff. „Viren“, erwiderte ich auf seine Vorstellung. Mehr musste er nicht wissen. „Ihr scheint sehr überzeugt vom Können eurer Truppe. Enttäuscht mich nicht.“ Im letzten Satz schwang erneut die Herausforderung mit ehe ich mich von ihm ab und den beiden Pferden zuwandte. „Wundervolle Tiere“, kommentiere ich nach einem Moment des stummen Betrachtens. Ja, das waren sie in der Tat. Schön, stark und offensichtlich von der Gruppe wertgeschätzt und gut behandelt. Ohne auf eine Reaktion von Salvai zu warten, band ich den Beutel an meine Bauchbinde um beide Hände frei zu haben und trat zu den Pferden. Die weiße Stute stand zwischen mir und dem Hengst. Sie drehte den Kopf in meine Richtung, wohl um den Neuankömmling zu betrachten. Die Hand langsam nach ihrem Kopf ausstreckend strich ich ihr einmal sanft über die Nüstern. „Na, meine Hübsche.“ Die Ansprache sollte nur das Wirken meiner Magie überdecken mit welcher ich das Tier beruhigte. Ich wusste nicht was sie von Fremden hielt und hatte nicht vor mich vor Salvai damit zu blamieren mich von seinem Pferd erschrecken zu lassen. Gutwillig ließ sie die Streicheleinheiten über sich ergehen. Zufrieden wandte ich mich wieder an den Braunhaarigen. „Ich kann euch helfen die Pferde zu versorgen. Nicht nur Menschen finden mich äußerst eindrucksvoll.“ Wer wusste schon ob ich den Braunhaarigen wiederfinden würde ehe wir die Stadt verließen. Und es war nicht so als hätte ich im Moment besseres zu tun. Wenn er und seine Truppe mich unterhielten, konnte ich mich durchaus mit ihnen beschäftigen bis Vitas zurück war.