Salvai
Der braunhaarige hatte seine Hand mit dem Zügel leicht auf dem Hals von Ather gelegt, der Hengst war erschöpft und deswegen spürbar unruhig. Als der Mann 30 Kreuzer verlangte wollte er gerade zu einer Antwort ansetzen, als Viren bereits das sprechen übernahm. Natürlich hätte er Versucht es runter handeln zu können, 30 Kreuzer waren schmerzhaft und eher weniger der Preis den er zahlen wollte. Obwohl ihm natürlich wichtig war das die Pferde gut und sicher untergebracht wurden. Viren schlug 10 Kreuzer pro Pferd vor, weshalb er aufmerksam das Gespräch verfolgte. Grundsätzlich war er dank seiner offenen Art gut darin zu verhandeln, aber Viren schien wahrlich eine besondere Stimme zu haben. 10 Kreuzer waren vertretbar, eigentlich rechnete er mit einer interessanten Diskussion.

Aber da erklang bereits eine helle Stimme hinter ihnen, sich leicht umdrehend erkannte er dann ein junges und hübsches Mädchen mit blonden Haaren. Sie schien begeistert von dem Umstand, dass sie beide Schauspieler waren. Grinsend machte er etwas Platz damit sie zu dem älteren Mann gelangen konnte, wohl ein glücklicher Zufall das sie anwesend war. Ihr Großvater schien mit 20 Kreuzern klein bei zu geben, weshalb Salvai die Münzen auch galant aus einem ledernden Beutel der an seinem Gürtel befestigt war nahm. Dem Mann die Kreuzer gebend bedankte er sich, „Vielen Dank.“

Das Mädchen bedeutete ihnen zu folgen, sie war so gesprächig das der braunhaarige gar nicht dazu kam überhaupt nur das Wort zu erheben. Ather schien zufrieden, denn der Geruch von frischem Gras erfüllte die Ställe da ein Junge gerade die Tröge füllte. Erst als sie nachfragte und Viren die Schauspielergruppe erwähnte ergänzte er mit einem gewinnenden Lächeln seine Worte. „Sagen wir, ich bin noch ein blutiger Anfänger was die Schauspielerei betrifft. Aber meine Gruppe weis zu überzeugen.“ Womöglich war es für Viren etwas auffällig das er sich eher etwas in den Hintergrund der Gruppe drapierte, allerdings war es die reine Wahrheit. Er gab sein bestes in Nebenrollen und war damit auch zufrieden, er mochte es einfach alles ein wenig auszuprobieren und zu üben. Neben Texten zum auswendig lernen, das Spielen auf der Mundharmonika oder das Üben der Singstimme machte er alles, aber auch nur ein bisschen und ohne behaupten zu können etwas besonders gut zu können. Aber seltsamerweise reichte ihm das völlig, gleichzeitig hatte er nicht immer Zeit dazu wenn er sich um andere Belange oder sich um die Sicherheit kümmerte. Bevor er noch etwas anmerken konnte, erhob sie das Wort erneut. Dabei hatte sie die beiden nun zu zwei leeren, angrenzenden Ställen gebracht. „Ihr seid von der Tetetra Gruppe? Euer letzter Auftritt in Labhafen hatte viele Reisende begeistert, ich freue mich schon sehr auf eure Vorstellungen.“ Ihr war anzumerken das sie eine allgemeine Begeisterung für das Schauspiel, die Musik und den Gesang zu haben schien. Denn ihre blauen Augen funkelten beim sprechen. Salvai öffnete nun eine Stalltüre und brachte Ather schließlich in die Box. Als er die Tür schloss, begann er auch gleich dem Pferd das schwere Lederhalfter abzunehmen. Ställe wie diese waren alle gleichermaßen aufgebaut. Gegenüber der Ställe gab es Truhen in denen die Sättel und Halfter verstaut werden konnten, Tücher hingen über einem Holzbalken. Diese dienten zum trocken reiben des Pferdes. Futter und Wasser wurde gerade zur Verfügung gestellt, allerdings bewegte sich Ather noch nicht von der Stelle. Das Pferd war so gut erzogen, dass es darauf wartete abgesattelt zu werden. „Habt im
übrigen vielen Dank für eure Geste.“ Wie immer waren seine Worte ehrlich, seine goldenen Augen wanderten von ihr schließlich zu Viren. Immerhin war das auch ihm zu verdanken, auch wenn es an das Mädchen gerichtet war.

Details zu seiner Gruppe gab er Braunhaarige keine preis. Doch schien dies auch nicht notwendig zu sein. Im Gegensatz zu mir schien die Blondine den Namen Tetetra zu kennen. Entweder ein interessanter Zufall oder die Truppe war durchaus bekannt. Salvais Beispiel folgend führte ich Ratina in die zweite Box, nahm ihr dort erst einmal das Halfter ab. Auffordernd aber kommentarlos strecke das Mädchen die Hand in meine Richtung, weshalb ich ihr mir einem dankbaren Lächeln das Halfter über die geschlossene Boxentüre hinweg reichte. Sie warf einen kurzen prüfenden Blick darauf, schien jedoch zufrieden mit dem was sie sah ehe sie sich abwandte und das Stück zu verstauen. Währenddessen machte ich mich daran dem Schimmel den Sattel abzunehmen. Da sie im Gegensatz zu Ather keine weitere Ausrüstung trug war auch das schnell erledigt. Den Sattel über die Boxentüre hängend, griff ich nach dem bereitliegenden Tuch um damit zu beginnen die brav wartende Stute abzureiben. Mein Blick glitt dabei zu Salvai, welcher sich eben selbst als blutigen Anfänger der Schauspielkunst bezeichnet hatte. Irgendwie fiel es mit nicht schwer ihm dies zu glauben. Der Braunhaarige machten einen grundehrlichen Eindruck. Das war für Schauspielereich nicht gerade hilfreich. Hier stand ihm wohl seine eigene Natur im Weg. Aber vielleicht schätzte ich ihn auch falsch ein. Ein Grinsen breitete sich auf meinen Lippen aus als mir eine Idee kam.

Vitas und ich waren im letzten Dorf Zeuge eines Auftritts einer anderen Schaustellergruppe geworden. Auch wenn ich das Stück, welches sie aufgeführt hatte nicht kannte, schien es doch ein bekanntes und beliebtes Stück unter den Dorfbewohnern gewesen zu sein. Eine Mischung zwischen Drama, Romanze und einem beachtlichen Anteil Komödie. „Ach, meine geliebte Ivette. Welch beschwerlichen Weg ich auf mich genommen habe um erneut in der Lage zu sein Euch in meine Arme zu schließen“, setzte ich ohne Umschweife in mutwilliger Übertreibung an um meine Absichten deutlich zu machen. Mein Blick glitt dabei zu der Blondine. Ihre Mundwinkel zuckten einmal kurz nach oben und sowohl Erkennen auch Verstehen blitzte in ihren blauen Augen als sie sowohl die Zeilen aus dem Stück erkannte als auch meine Absichten verstand. „Ach, mein geliebter Alexander. Ich traute meinen Augen kaum als ich Euch auf diesem stattlichen Ross angeritten kommen sah.“ Sie unterbrach ihre Arbeit den Sattel von der Box zu nehmen nicht. Dennoch klang ihre Stimme als meinte sie jedes Wort vollkommen ernst während sie mir dabei einen schmachtenden Blick zuwarf, welcher jeden professionellen Schauspieler blass vor Neid hätte werden lassen. Das Mädchen war ein Naturtalent.

Ich hatte nicht vor mich von ihr in den Schatten stellen zu lassen. Sehnsuchtsvoll fesselte mein Blick den ihren während meine Hände dennoch weiter mit der angebrachten Vorsicht über das weiße Fell der Stute glitten. Als ich fortfuhr zu sprechen war jegliche Übertreibung aus meiner Stimme verschwunden. „Wir sind füreinander bestimmt. Doch wird Euer Bruder dies nie begreifen. Ach, mein Herz. Wie weit muss ich gehen damit Ihr mir gehört?“ Schauspielerei war mir noch nie schwer gefallen, doch im Moment ging es nicht darum mein Talent zur Schau zu stellen sondern herauszufinden ob Salvai nur bescheiden war oder realistisch. Nach meinen letzten Worten glitt sowohl mein Blick als auch der des Mädchens zu dem Braunhaarigen. Es war an der Zeit für besagten Bruder die Bühne zu betreten und seinen Standpunkt darüber, dass seine Schwester etwas Besseres als einen Künstler verdient hatte klar zu machen. Es sollte offensichtlich sein, dass sowohl die Blondine als auch ich erwarteten, dass Salvai nun in die Rolle des Bruders schlüpfte und unser Schauspiel fortführte.

Salvai
Die Zügel reichte er ebenfalls dem Mädchen, als diese Virens abgenommen hatte und ihm ebenfalls die Hand fordernd ausstreckte. Er nickte als Dank und begann damit die Taschen an den Seiten des Sattels abzunehmen, bevor er den schweren Sattel über die hölzerne Boxtür hängte. Der braune Hengst neigte schließlich den Kopf um mit dem fressen zu beginnen, während Salvai ein Tuch zur Hand nahm und den leicht nassen Rücken begann zu reiben. Dabei sah er schließlich auf als Viren das Wort erhob, sich dabei leicht gegen das Pferd lehnend hörte er grinsend zu. Er kannte das kleine Schauspiel, auch wenn seine Gruppe es selbst noch nicht gespielt hatte. Am Lagerfeuer allerdings hatten Maestro und seine Frau die selbe Szene gespielt, der Bruder war von dem Jungen gespielt worden. Er und Lissie hatten lachend gelauscht und sich köstlich amüsiert, mittlerweile war es doch etwas länger her. Das blonde Mädchen stieg nahezu perfekt ein, sie schien durchaus ein Talent dafür zu besitzen. Ihr Blick sprach Bände, ihre Worte klar und ernst, ihm wurde recht schnell klar das er bei der kleinen Aufführung den Bruder spielen sollte. Dabei konnte er sich den genauen Text nur zusammenreimen, aber er beschloss die offensichtliche, kleine Herausforderung anzunehmen.

Salvai setzte nun einen ernsten Blick auf, dabei verschwand auch der ganze Schalk aus seinen Augen. Auch sein grinsen verschwand, machte einer missgünstigen Mine Platz. Dabei stemmte er nun eine Hand in die Seite, während er mit der anderen weiterhin über die Seiten des Pferdes rieb. Die Pflege durfte man nicht vernachlässigen, vor allem wenn der Sattel abgenommen war musste man sich damit beeilen, sonst konnte sich das Pferd verkühlen. Die erwartungsvollen Blicke der beiden hoffte er dann auch mit seinen nächsten Worten zu bestätigen, auch wenn er den genauen Text nicht mehr wusste. “Schwesterherz,“ rief er dann etwas lauter aus, so würde er gerade erst zum Geschehen stoßen und nicht bereits nebenan stehen. Dabei richtete er den Blick auf besagte Schwester, ein strenger aber liebevoller Blick. Dann erst strafte sein abschätzender Blick Viren, als wäre dieser wirklich nicht gut genug für seine Schwester. “Ihr wagt es Euch noch einmal hier blicken zu lassen? Verschwindet, lasst das Mädchen endlich in Ruhe. Sie wird Euch niemals gehören und das solltet Ihr endlich begreifen. Gesindel wie Ihr solltet bei eures Gleichen bleiben und nicht die Köpfe anständiger, junger Mädchen verdrehen.“ Vermutlich die einzige nicht passende Auffälligkeit waren seine leicht roten Wangen, die von der Aufregung kamen. Aber das hatte er immer wenn er anderen etwas vortrug, Aufregung gemischt mit etwas Verlegenheit. Immerhin machte er richtige Nebenrollen erst seit einem halben Jahr. Außerdem war noch der Umstand das er Begann leicht zu schwitzen, immerhin musste er hier ja schließlich auch seine Gruppe gut vertreten.

Der Braunhaarige tat uns den Gefallen und stieg mit ein. Der Text welchen er vortrug war nicht ganz was ich in Erinnerung hatte aber nahe genug daran um wunderbar in das Schauspiel zu passen. Seine Miene wurde ernst, missmutig. Nicht schlecht. Einzig seine roten Wangen verrieten seine Aufregung. Ich grinste zufrieden, stellte dabei fest, dass unsere kleine Einlage die Aufmerksamkeit einer Mutter mit Kleinkind in der Nähe auf sich zog. Ich war mir nicht sicher ob sie das Stück auch erkannt hatte oder dachte, dass Salvai und ich uns gerade wirklich um das blonde Mädchen stritten. Das brachte mich auf eine weitere Idee. Für den Moment jedoch nickte ich Salvai nur einmal anerkennend zu ehe ich schweigend meine Arbeit die Stute trocken zu reiben beendete. „Ich bin gleich wieder bei dir“, sagte ich leise an die Stute gewandt ehe ich das Wort in der Stimmlage Alexanders erhob. „Ihr behauptet also, dass ich nicht in der Lage bin für die Liebe meines Lebens zu sorgen. Ihr haltet mir vor, nicht in der Lage zu sein sie zu beschützen“, setzte ich erneut an, übersprang dabei die gesamte Diskussion zwischen Alexander und Ivettes Bruder.

Mit energischen Schritten verließ ich die Box, darauf achtend dabei Ratina nicht zu beunruhigen, welche sich jedoch nicht daran störte. Ihre Aufmerksamkeit gehörte weiter alleinig dem Futter. „Dann zieht den Stock aus Eurem Allerwertesten und beweist mir, dass Ihr es könnt. Oder dient Eure überdimensionales Mundwerk nur dem Zweck Defizite an weiter südlich gelegeneren Körperregionen auszugleichen.“ Ich klang aufgebracht, provokativ und gegen Ende hin spöttisch. Meine Augen funkelten herausfordernd als ich nach einem Besen griff und diesen mit dem Bürstenkopf zu mir wie eine Waffe vor mich hielt. Dies war die Stellte im Spiel an welchem die beiden Männer ihre hölzernen Kurzschwerter zogen. Doch trug ich aktuell keine Waffe. Ein Schwert aus Eis würde sich außerordentlich gut machen, doch gleichzeitig die falsche Art von Aufmerksamkeit auf sich ziehen. Also musste der Besenstiel genügen. Während ich in Kampfhaltung ging entfernte ich mich weit genug sowohl von Salvais Pferden als auch von anderen anwesenden Tieren um keines davon mit dem nun hoffentlich folgenden Kampf zu verschrecken.

Ich fühlte bereits die Blicke mehrere Leute auf mir liegen und sah aus den Augenwinkeln wie das Mädchen gut gelaunt die Information verbreitete, dass es sich um ein Schauspiel handelte und es weder nötig war sich einzumischen noch die Wachen zu rufen. Mein eigener Blick lag weiterhin auf Salvai. Darauf wartend ob er die neue Herausforderung annahm oder nun einen Rückzieher machte. Beim gewöhnlichen Bogenschießen wäre ich ihm vermutlich nicht gewachsen aber im Schwertkampf hatte Vitas mich gedrillt bis ich die Waffe als Erweiterung meines Körpers wahrgenommen hatte. Auch wenn ich dem Weißhaarigen nicht das Wasser reichen konnte, war ich doch überzeugt genug von meinen Fähigkeiten um einen spontanen Show-Kampf abliefern zu können. Eine gute Vorstellung hier, würde zeitgleich wunderbar für die kommenden Auftritte von Tetetra werben.

Salvai
Aufmerksam beobachtete er Viren dabei, wie er der Stute etwas zuflüsterte bevor er aufhörte sich weiter um sie zu kümmern. Das leichte Grinsen sehend war er versucht es zu erwidern, er beschloss aber ganz in seiner Rolle zu bleiben und den ernsten Blick nicht von Viren abzuwenden. Der Mund weiterhin wie einen schmalen Strich zusammengepresst schien er den Geliebten seiner Schwester nur abschätzend zu mustern. Auch er legte nun das Tuch zur Seite, als Viren die Box verließ und einen Besen zur Hand nahm. Viren übersprang einige Textteile, um zum spannenden Schwertkampf zu kommen. Ein finsteres Grinsen zierte seine Lippen, als er die Box von Ather verließ und einen Strohbesen in seiner Nähe ergriff, dabei setzte er nun einen etwas hochmütigen Blick an. Immerhin sah Ivettes Bruder über die gesamte Existenz von Alexander hinweg. "Ihr habt richtig gehört, ich behaupte dies und noch vieles mehr. Das Ihr es nicht würdig seid die Hand meiner Schwester zu halten, ihr ein guter Mann zu sein, gut für sie zu sorgen. Ich bezweifle das Ihr ihre Liebe verdient habt, habt ihr doch nichts vorzuweisen und versucht nur an ihr Geld zu gelangen. Ich kenne Gesindel wie euch, Abschaum das vom Betteln lebt, das Betteln gestaltet Ihr mit eurem Singsang und dem Affentheater noch zu einer Qual der ehrlich arbeitenden Bürger." Er lies sich noch eine Weile über seinen Gegenüber aus, bis er richtig in der Position stand und sein provisorisches Schwert erhob. Seine Röte auf den Wangen konnte gut als Wut durchgehen, die der Bruder Alexander gegenüber hegte. Vor allem als es unter die Gürtellinie ging, innerlich hätte er Viren gerne applaudiert, er spielte es perfekt.

Den Stiel des Besens nun auf Viren gerichtet bemerkte er erst jetzt die wachsende Zuschauerschaft am Ende des offenen Stalls und das die vermeintliche Schwester sich entfernt hatte um die Leute dort darüber aufzuklären was hier gerade vor sich ging. Schnell wandte er den Blick wieder zu dem schwarzhaarigen, es mochte vielleicht lächerlich klingen, aber er bekam durchaus etwas Lampenfieber. Vor allem wenn er hier mit Viren zusammen im Mittelpunkt stand. Er verlagerte sein Gewicht etwas nach vorne, während er mit beiden Händen den Kopf des Besens in den Händen hielt. Er hatte zwar gelernt mit dem Schwert umzugehen, allerdings waren das eher Grundkenntnisse. Hatte sein Fokus doch immer auf Pfeil und Bogen gelegen, da aber der Ivettes Bruder den Kampf nicht gewinnen würde bedeutete das nur den Kampf etwas interessant zu gestalten bevor er verlieren täte. Der Gedanke spornte ihn etwas mehr an, sich auch ein wenig an die Zeit mit Lissie zu erinnern als er ihr beim Schwertkampf zugesehen hatte. Im Gegensatz zu ihm konnte sie perfekt mit dem Schwert umgehen, da die normalen Eisenschwerter allerdings zu schwer waren hatte sie sich auf den Degen spezialisiert. "Ich werde Euch zeigen wie schwach Ihr seid." Schließlich trat er in Bewegung, wenige aber schnelle Schritte vor um mit einem ersten Schlag auszuholen. Natürlich wusste er nicht ob sein Gegenüber überhaupt die Schwertkunst verstand, obwohl er sich das durchaus vorstellen konnte, daher wollte er erst einmal mit weniger ernsten Schlägen beginnen. Würde er mit seiner ganzen Kraft zuschlagen könnte er Viren noch ernsthaft verletzen und das wollte er auch wieder nicht.

Nach außen hin weiterhin in der Rolle, musste ich Salvai doch Respekt zollen. Der Braunhaarige fiel keinen Moment aus der Rolle, sprang ohne zu zögern auf die Fortsetzung unseres spontanen Auftrittes an. Entweder war er bescheiden oder er schätzte sich wirklich schlechter ein als er tatsächlich war. Nur zu gerne würde ich ihn einmal bei etwas erleben, das er auch nach eigener Aussage beherrschte, in dem er sich selbst nicht mehr als Anfänger sah. Salvais verbaler Angriff gegen meine Person lockte noch mehr Zuschauer an. Ich genoss die Aufmerksamkeit in vollen Zügen. Überlegen grinsend wartete ich darauf, dass der Braunhaarige den ersten Schritt machte. Er ließ nicht lange auf sich warten. Mit tänzerischer Eleganz wich ich den Hieben aus. Er hielt sich zurück. Das war nicht schwer zu erkennen. Vorsicht war durchaus angebracht, immerhin wollten wir uns nicht ernsthaft verletzten. Dennoch konnte ich der Versuchung nicht widerstehen, Salvai deshalb zu necken. Aus der Ausweichbewegung heraus machte ich einen Schritt neben dem Braunhaarigen, beugte mich ein wenig in seine Richtung.

„Es benötigt mehr Entschlossenheit um bei mir zu landen.“ Mein Gesichtsausdruck war für unsere Zuschauer noch immer überheblich und siegessicher während meine Stimme weit genug gesenkt war um diesen kleinen, nicht zum eigentlichen Spiel zählenden Einschub nur für Salvai hörbar zu flüstern. Mein Tonfall war verspielt, die Zweideutigkeit darin sehr offensichtlich. Kaum hatte ich zu Ende gesprochen sauste der Besenstiel in Richtung Salvais unterem Rücken. Heftig genug um im Falle eines Treffers durchaus spürbar zu sein aber keine Schmerzen zu verursachen. Ich wusste, dass ich schnell war und dem Braunhaarigen kaum Zeit blieb um zu reagieren aber ich hatte seine Reaktionszeit gesehen als er den Straßenjungen vor Athers Hufen gerettet hatte. Er sollte mit mir mithalten können. Erneut brachte ich einige Schritte Abstand zwischen uns, entfernte mich auf die gegenüberliegende Seite meines Ausgangspunktes. „Ihr seid in der Lage mit unbegründeten Anschuldigungen um Euch zu werfen. Das habt Ihr bereits bewiesen. Doch Euer Schwert ist ebenso langsam wie Euer Verstand. Andernfalls hättet Ihr längst begriffen, dass es zu spät ist um einen Keil zwischen Eure Schwester und mich zu treiben. Unser Blut ist bereits vereint.“ Eine Anspielung darauf, dass Alexander und Ivette bereits das Bett miteinander geteilt hatten, was nicht ohne Folgen geblieben war.

Salvai
Schweiß stand ihm langsam auf der Stirn, es mochte vielleicht etwas seltsam klingen - aber vor allem Rollen die nicht seinem Charakter entsprachen waren für ihn verhältnismäßig schwer zu spielen. Aber er erinnerte sich brav an die Übungsstunden mit den anderen und Lissie, weshalb er seine Mine und den Blick noch gut beibehalten konnte. Schauspiel war fast schon anstrengender als eine erfolgreiche Jagd, dort zumindest musste man natürlich sein. Viren beobachtend musste er ihm lassen, dass er nicht nur ein hervorragender Barde war, sondern auch nahezu perfekt seine spontane Rolle spielen konnte. Er hatte Respekt davor, wie vor so vielem. Den ersten Hieb wich Viren mit Leichtigkeit aus, tatsächlich hatte er nichts anderes erwartet. Gerade hatte er vor weitere Schläge anzusetzen, als Viren ihn leise und nur für ihn hörbar mit einer unüberhörbaren Zweideutigkeit darauf hinwies mehr Entschlossenheit zu zeigen um bei ihm landen zu können. Gut, röter konnten seine Wangen nicht mehr werden, aber ein auflachen war verdammt schwer zu unterdrücken. Wer rechnete denn auch damit? Ihm lag eine Antwort auf der Zunge, allerdings beschloss er ihm die gewünschte Entschlossenheit zu zeigen.

Den nächsten Schlag kommen sehend wich er diesem nicht aus, er lies sich sogar treffen. Allerdings nur, um in diesen wertvollen Sekunden des Angriffs einen Gegenangriff zu starten und nach vorne zu schnellen als Viren wieder auf Abstand gegangen war. Dabei peilte er mit dem Besenstiel seine rechte Seite an. Zumindest hoffte er Schnell genug zu sein, der Treffer von Viren schmerzte nicht wirklich und war daher ein kleines Übel das er für den Überraschungsangriff einbüßte. Viren war sehr agil, er konnte durchaus mithalten allerdings nicht für eine lange Zeit. Während des geplanten Überraschungsangriffes setzte Viren erneut zu einem Dialog an, er hatte sich so sehr auf den Schwerkampf konzentriert das er sich kurz richtige Worte überlegen musste. Und das war dann auch der Fehler, in Gedanken zu sein, denn er übersah einen wunderschön platzierten Eimer in der Mitte des Gangs nur um gegen diesen zu kommen und zu straucheln. Sollte der geplante Schlag noch Treffen war das eher Glückssache, “Ein… uneheliches Kind?? Wie könnt… wie könnt ihr es wagen?“ Nun konnte man durchaus denken die langgezogenen Pausen waren geplant, aber er war jetzt wohl mehr oder weniger ziemlich rausgekommen und musste sich auch erst einmal wieder fangen. Zum Glück konnte man denken das es durchaus zum Schauspiel gehörte, immerhin zeigte sich der Geliebte Alexander bei dem Kampf ja von der besten Seite.

Mein Hieb traf, was mich doch ein wenig überraschte. Hatte ich doch angenommen, dass Salvai in der Lage sein würde ihm auszuweichen. Im nächsten Moment erschloss sich mir auch warum ich einen Treffer gelandet hatte. Der Braunhaarige hatte den Hieb hingenommen um den Augenblick zu nutzen zum Gegenangriff über zu gehen. Keine Strategie, welch ich wählen würde aber sie funktionierte. Ich war mir nicht sicher ob ich auch diesem Schlag so einfach würde entgehen können. Doch kam es gar nicht so weit. Salvai schien plötzlich aus dem Konzept, trat gegen einen Eimer, welchen er immerhin nur ins Wanken brachte anstatt ihn quer durch den Stall zu schleudern. Doch war dies mehr als ausreichend um den Braunhaarigen selbst ins Straucheln zu bringen. Sein Hieb ging daneben obwohl ich mich nicht einmal bewegte.

Die Zuschauer begannen zu lachen. Es gefiel ihnen was mein Mitspieler darbot. Auch ich fiel mit ein, jedoch nicht belustigt, sondern gehässig als wäre von Ivettes Bruder keine bessere Leistung zu erwarten gewesen. Es tat mir beinahe leid. Aber nur beinahe. Wenn Salvai dies persönlich nahm war er in einer Schauspielgruppe fehl am Platze. Das blonde Mädchen hatte wieder Stellung in der Nähe bezogen und war in ihre Rolle der Schwester zurückgekehrt. Sie wirkte besorgt, schien sich nicht entscheiden zu können um wen sie sich mehr Sorgen zu machen hatte. Ihren aufgebrachten, beschützerischen Bruder oder den Mann, welchem sie ihr Herz geschenkt hatte. Hin- und hergerissen kämpfte sie scheinbar mit der Entscheidung sich in die Auseinandersetzung einzumischen oder die beiden Männer dies ein für alle mal austragen zu lassen.

Ich beschloss die Sache zu beenden, hatte ich doch genug gesehen. Mein Gegenüber besaß Talent aber es fehlte ihm wohl an Erfahrung und vor allem Konzentration. Es erschloss sich mir nicht einmal was Salvai denn nun aus dem Konzept gebracht hatte. Doch der Schweiß auf seiner Stirn gepaart mit dem Zögern zwischen seinen Worten sagte mir genug. Das Ganze war körperlich bisher nicht gerade anstrengend, also war der Schweißfilm geistiger Anstrengung geschuldet. Das war jedoch nichts dem ausreichend Training nicht entgegenwirken können würde. Ich hatte Schauspieler mit Jahren an Erfahrung gesehen, deren Auftritte einer Foltermethode glichen. Der Braunhaarige war diesen bereits jetzt weit Voraus und das obwohl er nach eigener Aussage erst am Anfang seiner Schauspielerlaufbahn stand. Ich würdigte seine Worte nicht mit einer Antwort, stattdessen schnellte mein Besenstil von unten nach oben in der Absicht mir Salvais Straucheln zu Nutze zu machen um ihm seine provisorische Waffe aus den Händen zu schlagen. Sobald er sie losgelassen hatte würde ich sie mit einer Hand auffangen und mit der zweiten meine eigene ‚Schwertspitze‘ auf seine Kehle richten um dem Kampf ein Ende zu setzen.

Salvai
Trotz des Eimers konnte er sein Gleichgewicht wieder herstellen, allerdings reagierte Viren schnell und schlug ihm nun den Besen aus der Hand. Gut, er hatte den Schlag kommen sehen und das provisorische Schwert durchaus festhalten können - aber er merkte selbst das sie langsam zum Ende des Schauspiels gelangen mussten. Nicht nur weil seine Konzentration nachließ, sondern auch weil sie sich noch um die Pferde kümmern mussten und seine Gruppe vermutlich bereits auf ihn wartete. Er blieb nun stehen, dabei fielen ihm seine Haarsträhnen doch etwas wild ins Gesicht. Er machte durchaus den Eindruck als wäre der Kampf noch länger gegangen. Sein Blick wanderte noch kurz zu der begeisterten Menge die lachten, er wusste wie witzig das eben wohl ausgesehen hatte. Es war schwer sich ein lächeln oder grinsen zu unterdrücken, aber er behielt den ernsten Gesichtsausdruck bei. Virens Lachen war laut und zeigte deutlich wie Überlegen Alexander doch war - er beschloss das ganze noch etwas zu untermalen. Im Original war der Kampf etwas länger und intensiver, aber das tat nichts zur Sache. Als Salvai sein Schwert verlor, ging er schnell einige Schritte zurück um einen sicheren Abstand zu behalten. Aber dann nur um die Hand auf die angeblich verwundete Stelle zu drücken und ein schmerzverzerrtes Gesicht zu verziehen, so als hätte die Bewegung ihn an den Schlag erinnert.

Anschließend tat er so als knickte er ein, dabei kniete er mit dem linken Bein während das andere noch angewinkelt war. Dabei hielt er sich weiterhin die Seite, schließlich sah er mit seinen goldenen Augen auf zu Viren. Wut war zu erkennen gepaart mit der Verachtung welcher der Bruder nach wie vor für ihn hegte. Noch immer war er Rot im Gesicht, er atmete etwas verschnellert, aber die Reaktion war im Moment nicht einmal fehl am Platz. Die Schauspielerei hatte ihm bisher schon Spaß gemacht, aber die kleine künstlerische Untermalung war irgendwie… verflucht befreiend und amüsant. Den Blick abwendend sah er schließlich zu der besagten Schwester, allerdings unterstrich zusätzliche Sorge seine Mine - immerhin hatte Alexander offenbart das sie Schwanger war. Aufgrund seiner aktuellen Position wurden die Zuschauer still, alle schienen gebannt zu sein wie es nun weiterging.

Salvais provisorische Waffe flog durch die Luft, landete in meiner freien Hand. Der Braunhaarige wich verwundet einige Schritte zurück ehe er in die Knie ging, Schmerz war ihm ins Gesicht geschrieben. Er hatte sich relativ schnell wieder von seinem Zusammentreffen mit dem Eimer erholt, zog die Menge mit seinem Schauspiel in seinen Bann. Gespannt und plötzlich wieder still warteten die Zuschauer nun jedoch auf meine Reaktion. Würde ich dem Bruder den Gnadenstoß geben? Oder ihm Gnade erweisen? Für einige Sekunden, welche sich länger anfühlten als sie waren blickte ich auf den geschlagenen Mann hinab als ob ich dessen Schicksal in eben jenen Momenten entscheiden würde ehe ich sowohl die beiden Besen als auch die Maske Alexanders fallen ließ. „Das, mein wundervolles Publikum“, setzte ich mit erhobener Stimme in mitreisendem Tonfall an, „war nur ein kleiner Vorgeschmack auf die sagenumwobenen Geschichten, welche Sie noch erwarten. Wir“, mich selbst einen kurzen Augenblick unterbrechend, wies ich mit einem ausgestreckten Arm auf die Blondine, „die junge, talentierte Schönheit …“. Den Blick aus ihren blauen Augen auffangend, welcher mir mit einem schalkhaften Funkeln deutlich machte es nicht mit den Komplimenten zu übertreiben beendete ich den Satz schneller als beabsichtigt, lies dabei das letzte Wort in der Luft hängen und das Mädchen fing es auf.

„Viktoria Benoar“, stellte sie sich selbst mit einer knappen Verbeugung vor ehe sie in nicht weniger selbstsicherem und bühnenreifem Tonfall als ich selbst fortfuhr. „Der Barde mit der unvergleichlichen Stimme…“, spielte sie den Ball zu mir zurück. Ihre Verbeugung imitierend stellte auch ich mich vor, „Viren“. Ehe wir uns beide synchron in Richtung Salvai wandten und je mit einem Arm in seine Richtung wiesen. „Sowie unser charismatischer Schütze mit den goldenen Augen...“ Da wir uns einander nicht vorgestellt hatten, lies Viktoria auch diesen Satz mit der unausgesprochenen Aufforderung an mich ihn zu beenden unvollendet. „Salvai Galliard. Ein Mitglied der berühmten Schaustellertruppe … Tetetra“. Die Blondine fiel mit ein ehe sie alleine fortfuhr und den Satz beendete mit welchem ich unsere Vorstellung begonnen hatte. „… bedanken uns zutiefst für Ihre Aufmerksamkeit und freuen uns bereits heute darauf Sie bei den Auftritten Tetetras wiederzusehen. Achten Sie auf Ankündigungen und erweisen Sie Tetetra die Ehre Sie mit ihrer Kunst unterhalten zu dürfen.“ Viktoria verbeugte sich ein weiteres Mal, löste damit die Starre in welche die Menge verfallen war. Applaus brandete auf während ich erneut ihrem Beispiel folgte und mich ebenfalls noch einmal verbeugte.