Name: Yelena Ravensong von Oshun
Alter: Yelena ist äußerlich 27. Jedoch verbrachte sie fünfundzwanzig weitere Jahre im Spiegel der Wahrheit, ohne zu altern.
Rasse: Fee (ehemals)/Wraith*

Geschlecht: weiblich
Aussehen: Vor ihrer Verbannung hatte Yelena pechschwarzes Haar und Flügel: Schwingen wie ein Schmetterling, gewaltig und in allen Regenbogenfarben schillernd. Heute befinden sich zwei entsetzliche Narben an ihren Schulterblättern, wo jene Flügel einmal waren. Die Macht des Spiegels hat ihrem Haar die Farbe entzogen, sodass es bis auf einige schwarze Strähnen schlohweiß ist. Ihre Haut ist dank Jahren in der Dunkelheit leichenblass und lichtempfindlich. Schnitte und feine Narben zieren ihr Gesicht und ihre zerbrechlich dünnen Finger. Eine weitere Narbe zieht sich über ihre linke Brust, knapp unterhalb ihres Herzens. Zwischen ihren Brauen ist beinahe immer eine steile Sorgenfalte zu sehen, unter ihren verschiedenfarbigen Augen liegen tiefe Ringe. Ihr Gesicht ist härter, verschlossener denn je. Während sie früher eine hochgewachsene, schlanke Frau mit zierlicher, aber weiblicher Erscheinung war, ist sie heute dürr und schwach. Yelenas rechtes Auge ist von einem so hellen Grau, dass es weiß wirkt, und hat eine milchige Pupille. Ihr linkes Auge wiederum ist aus Glas und hat eine gemalte, rubinrote Iris – ihr Hochzeitsgeschenk.
Besondere Merkmale: In ihrer Wraithgestalt wird Yelena ein wenig durchscheinend, sodass man die Umgebung hinter ihr sehen kann, und besitzt kein Spiegelbild. In ihrer menschlichen Erscheinung hat sie stattdessen keinen Schatten. Ebenfalls sollte erwähnt sein, dass ihr tatsächliches, rechtes Auge blind ist. Sie sieht mit der Magie ihres Glasauges.

Charakter: Neutral Gut
Schon seit jungen Jahren ist Yelena in sich gekehrt, schweigsam und nachdenklich. Sie ist gut darin, sich im Hintergrund zu halten und nur zu Wort zu melden, wenn man sie ruft. Das Leben hat sie gelehrt, passiv, gehorsam und neutral zu sein. Während man ihre kühle Ernsthaftigkeit und ihr reserviertes Verhalten für Arroganz halten könnte, handelt es sich eher um einen Beweis für ihre Schwierigkeiten, mit anderen Personen umgehen zu können. Seit ihrer Gefangenschaft kann man sie regelrecht scheu nennen, stets ist sie misstrauisch und von Selbstzweifeln geplagt. Sich vor der Welt zu verschließen ist Yelenas einzige Möglichkeit, sich sicher zu fühlen. Ihr wohnt eine tiefe Traurigkeit inne, eine Einsamkeit, die sie nie wirklich loswerden konnte.
Dennoch ist Yelena eine von Grund auf sanfte Frau, die niemals nachtragend oder boshaft handeln würde. Lieber legt sie jedes ihrer Worte auf die Goldwaage als jemanden damit bewusst zu verletzen. Sie webt ihre Worte bewusst, um niemandes Schicksal zu ändern. Die Zeit im Spiegel hat ein nervöses Wrack aus ihr gemacht. Sie ist entsetzlich schreckhaft, immerzu besorgt und pessimistisch. Keine der hohen Anforderungen, die sie sich selbst stellt, trifft je einen anderen.
Am grausamsten wird sie immer sich selbst gegenüber sein, denn das Traurigste ist wohl, wie viel Schuld Yelena sich gibt, für all die schrecklichen Dinge, die ihren Nächsten und ihr widerfahren sind. Sie wird sich immer verantwortlich fühlen für die verlorenen Leben ihrer Kinder und ihre Gefangennahme im Spiegel.
Wer sie ist, weiß sie selbst nicht mehr genau.

Stärken/Schwächen:
+/- Perfektionistisch
+ Sie ist überaus wortgewandt und intuitiv. Würde sie ihren Mund aufmachen, wäre Yelena eine umwerfende Diplomatin.
+ außerordentlich talentiert im Weben, Spinnen, Sticken und Nähen
+ Wissen über Pflanzen und Tiere
+ kann in ihrer Wraithgestalt durch Wände gehen (vorausgesetzt, diese wurden nicht mit Magie bearbeitet) [Nur außerhalb des Schlossgebiets möglich.]
+ Solange Yelena körperlos ist, benötigt sie keinerlei Nahrung oder Trinken
+ magische Fähigkeiten (siehe Fähigkeiten)
- Sie kann nicht mit ihren Wraithfähigkeiten umgehen, da sie nie Zeit hatte, sie zu erlernen.
- Psychisch sehr labil und empfindlich (schlicht und einfach, depressiv)
- Auch in körperlicher Form ist Yelena alles andere als stark.
- Regelmäßige Phantomschmerzen an der Stelle, wo einmal ihre Flügel waren
- Körperliche Einschränkung aufgrund von Halbblindheit (Abhängigkeiten von ihrem magischen Auge)
- Yelena hat panische Angst vor ihrem Spiegelbild und spiegelnden Oberflächen. Nichts versetzt sie so sehr in der Zeit wie Spiegelungen.
Vorlieben/Abneigungen/Wünsche/Ängste:
Yelena ist eine Mischung aus Gegensätzen und Paradoxen. Sie ist ein Familienmensch, der Ruhe und Zurückgezogenheit schätzt. Sie möchte niemanden verletzen und hasst gleichzeitig Lügen. Obwohl sie selbst ein Wesen des Todes ist, fürchtet sie ihn. Selbst Körperkontakt, der ihr früher regelrecht verhasst war, ist heute ein Beweis, dass sie noch lebt und geradezu notwendig für sie.
Früher einmal liebte sie das Fliegen, den Himmel, die Sterne und Wolken. Was ihr nun geblieben ist, ist ihre Liebe zum Spinnen, Weben und Nähen. Dinge, die sie schon seit früher Kindheit tat und ihren Verstand bei der Stange hielten, als er am fragilsten war.
Von den vielen Unglücken in Yelenas Leben, trafen drei am schwersten. Der Verlust ihrer Flügel, der Tod ihrer Kinder und ihre Gefangenschaft im Spiegel. Nichts fürchtet sie mehr, als erneut darin eingeschlossen zu sein. Sie hasst Spiegel und kann sie nicht einmal mehr sehen.
Yelena glaubt nicht mehr an Wünsche, nicht mehr für sie. Nach ihrem Fehler fürchtet sie es, ihr Leben selbst in die Hand zu nehmen. Doch gäbe es etwas, irgendetwas, würde sie sich wohl wünschen, nie den Spiegel der Wahrheit gefunden zu haben.
Fähigkeiten:
Nachtsicht: Dank ihres magischen Auges kann Yelena auch bei Dunkelheit hervorragend sehen.
Wraithgaben: Seit sie ein Wraith ist, kann Yelena durch Wände gehen und für gewöhnlich nicht festgehalten werden [Nur außerhalb des Schlossgebiets möglich.]. Nachts nimmt sie eine greifbare Gestalt an. Hält sie einen Gegenstand oder trägt greifbare Kleidung, während sie wieder körperlos wird, kann sie diese weiterhin berühren, doch sobald sie Körperkontakt dazu verliert, werden die Gegenstände normal.
Das Herz des Spiegels: Yelenas Zeit im Spiegel hat ihre Feenkräfte mutieren lassen, sodass sie nun in der Lage ist, Spiegel und Glas zu erschaffen sowie dieses zu formen und zu kontrollieren. Hierfür benötigt sie lediglich einen passenden Ausgangsstoff. Durch spiegelnde Oberflächen kann sie Nachrichten für andere hinterlassen. (noch nicht erlernt)
verlorene Gaben: Das Fliegen, Feenflüche und Feensegen sowie die Kontrolle über den Spiegel der Wahrheit, der es Yelena erlaubte, stets die Wahrheit auszusprechen, gingen im Laufe der Jahre verloren, sodass sie nicht länger auf sie zugreifen kann.

Familie:
- Yvaine und Pax (Eltern)
- Taryn, Echo, Evanora, Nova, Luljeta, Lilith, Corvina, Circe, Avalon, Astraea, Aviana, Faye (Feenschwestern)
- Nesryn (Patenkind)
- Ichabod Ravensong (Mann)
- Morgana (+), Nyx (+), Nesta (+), Nico (+), Mavros (+), Magarethe (Kinder)
Vorgeschichte:
Bereits in jungen Jahren erkannten Yelenas Eltern ihr Talent für Schicksalsmagie, eine Macht, die von den heiligen Feen behütet wurde. Pax und Yvaine waren ehrgeizige Eltern, die nur das Beste für ihre einzige Tochter wollten und sobald sich Yelenas Interesse für das Spinnrad ihrer Mutter zeigte, schickten sie sie in das Herz der Magie: Einen magischen Wald, in dem die heiligen Feen lebten. Die dreizehn Feen waren dafür verantwortlich, das Schicksal der Reiche zu behüten und Herrschern zur Seite zu stehen. Mit sieben wurde Yelena die Schülerin der Dreizehnten Fee Agnes. Sie lernte schnell und wurde bald in die Kunst der Schicksalsspinnerei eingewiesen.
Dank Yelenas Wissbegierde dauerte es nur drei Jahre, bis Agnes begann, ihre magischen Tendenzen zu testen und sich herausstellte, dass ausgerechnet sie, still, zurückhaltend und selbstkritisch, mit dem Spiegel der Wahrheit kompatibel war. Jener magischer Spiegel wurde von den Feen gehütet, um sie vor künftigen Gefahren zu wahren und bei Auseinandersetzungen zu schlichten. Nach einem langwierigen und komplexen Training trat Yelena in Agnes‘ Fußstapfen und wurde zur Hüterin des Spiegels. Mit Freuden wurde sie von ihren neuen Feenschwestern empfangen und genoss es, zum ersten Mal stolz auf sich sein zu können.
Nur ein Jahr später, als Yelena siebzehn geworden war, wurden die Feen in das Land Heorot gerufen, um die neugeborene Prinzessin Nesryn zu beschützen. Die Königin des Landes war selbst eine Fee, sodass alle dreizehn heiligen Feen zu Patinnen ernannt wurden. Yelena, die vor der Reise eigenartige Schwingungen des Spiegels wahrgenommen hatte, beschloss, später abzureisen. Und so wurde sie die einzige Augenzeugin der Vision, die der Spiegel der Wahrheit ihr offenbarte. Würde die junge Prinzessin ihr achtzehntes Lebensjahr erreichen, würde sie zu einer mächtigen Hexe werden und das Land dem Untergang weihen.
Zeit ihres Lebens war Yelena eingebläut worden, sich nicht in das Schicksal einzumischen. Feen waren Ratgeberinnen, Mahnerinnen, die Vorschläge machen und Warnungen aussprechen konnten, jedoch niemals selbst in die Geschicke der Welt eingreifen sollten. Doch Yelena wusste, dass niemand ihr Glauben schenken würde. So brach sie mit dem Gesetz und flog in den Palast von Heorot, gerade, als ihre Feenschwester Faye den zwölften Segen über Prinzessin Nesryn sprechen wollte.
Yelena erschien in einem Sturm. Mit funkensprühenden Fingern und ganz in schwarz gehüllt trat sie in den Festsaal, umgeben von flüsternden Schatten des Spiegels. Ihr Herz brach, als die die glückliche, unschuldige Prinzessin sah, doch sie tat, was sie für richtig hielt. Sie verhängte den dreizehnten Fluch:
„In rote Rosen seist du gebettet, wenn du dich stichst an pechschwarzem Dorn. Unschuldig weiß wie Schnee sollst du sterben, bereu den Tag, an dem du geboren. Bevor du und ich einander gleichen, mögen Schwarz, Weiß und Rot aus dir weichen.“
Der Todesfluch war ausgesprochen, ehe die anderen Feen sie aufhalten konnten. Doch als Yelena in den Feenwald zurückkehrte, erwarteten ihre Hüterschwestern sie bereits mit einer Strafe, die ihresgleichen suchte. Nach dem Gesetz des Schicksals verlor eine Fee, die die Regeln brach, ihre Flügel – und die zwölf Feen waren in der Durchführung grausamer als jeder Fluch. Sie verstümmelten sie. Zerfetzten ihre Flügel, rissen sie ihr mit den Händen aus. Nie wieder würde Yelena fliegen können, nie wieder dem Himmel, den sie so sehr liebte, nahe sein.
Blutend und schwer verletzt ließen sie Yelena an der Grenze von Heorot zurück, wo sie bereits der König erwartete, um seinerseits Rache zu üben. Er nahm Yelena gefangen und befahl, ihr die Augen zu entfernen. Der Soldat war schlecht, in dem, was er tat, und verletzte Yelenas Augen, statt sie zu entfernen. Halb tot durch die Entzündung, blind und völlig verzweifelt erwartete sie, in der Zelle des Palastes zu sterben, als der Spiegel der Wahrheit – gerufen von ihrer Verzweiflung und Angst – in ihrem Schoß erschien und seiner Hüterin einen Ausweg aus dem Kerker zeigte.
Mithilfe des Spiegels floh Yelena aus Heorot in das angrenzende Nachbarland Oshun. Der König war ihr auf den Fersen und Yelena war derart geschwächt, dass sie in einem Wald hinter der Grenze zusammenbrach. Es war der Zufall, der sie rettete, als ein alter Händler sie entdeckte und in seiner Hütte versteckte. Dennoch wäre sie wohl gestorben, hätte es sich bei jenem Händler nicht um den königlichen Spiegelmacher von Oshun gehandelt, der den Spiegel der Wahrheit und seine Hüterfee erkannte und zum Hofarzt seiner Majestät König Ichabod brachte.
Monatelang war Yelena ans Bett gefesselt, während der Arzt versuchte, ihre Augen zu heilen. Schlussendlich musste das linke Auge entfernt werden, um weitere Entzündungen zu verhindern. Der Arzt setzte ihr ein Glasauge ein, doch auch das rechte Auge war zu beschädigt, um sie noch sehen lassen zu können. Einzig der Spiegel der Wahrheit und der Spiegelmacher, der während ihrer Heilphase für sie sorgte, halfen Yelena, sich in dem neuen Land zurechtzufinden. Zwei Jahre brauchte es, bis sie ohne ihre Flügel oder ihr Augenlicht auskam, zwei Jahre, in denen König Ichabod sie vor dem Zorn seines Nachbarn in Schutz nahm. Aus Schuldgefühlen bot sie an, mit dem Spiegel sein Land zu beschützen und ihre Nähkünste für seine Garderobe zu nutzen. Trotz aller Schwierigkeiten und Dunkelheit in ihrem Herzen, war Ichabod verzaubert von der verbannten Fee und sorgte sich hingebungsvoll um sie. Und obwohl Yelena wusste, dass Feen und Menschen selten eine glückliche Zukunft hatten, erwiderte sie diese Zuneigung von ganzem Herzen, war ihm ewig dankbar dafür, dass er sie vor dem Tod bewahrt hatte und etwas Gutes in ihr sah.
In der Nacht, in der Yelena neunzehn wurde, machte Ichabod ihr einen Antrag und im Jahr darauf wurde das Paar vermählt. Zu Ehren ihrer Krönung schenkte er ihr ein magisches Glasauge. Ihre Flügel konnte er ihr nicht zurückgeben, doch ihre Sehkraft sollte sie wiederbekommen. Zum ersten Mal seit Jahren war Yelena glücklich. Es sollte nicht lange währen.
Sie hatte Ichabod gewarnt, dass Feenkinder nur selten geboren wurden, doch keiner der beiden hatte mit den Tragödien gerechnet, die sie in den folgenden Jahren heimsuchten. Ihre erste Tochter Morgana überlebte zwei Jahre, ehe sie plötzlich im Schlaf verstarb. Die Zwillinge Nesta und Nyx waren Totgeburten, der einjährige Nico fiel nur eine Woche später einer Seuche zum Opfer. Mavros, der Thronerbe, hatte gute Chancen, bis Yelenas ehemalige Feenschwester Taryn einen Fluch aussprach, der den Jungen in ein Ungeheuer verwandelte, das kurz darauf von einem Jäger erschossen wurde.
Mit jedem Kind zerbrach die Illusion von Yelenas perfekter Welt weiter. Ichabod wandte sich von seiner trauernden Frau ab und versuchte, seinen eigenen Kummer durch Jagdausflüge und Spektakel zu vertreiben, während Yelenas sich vom Hof zurückzog. Häufig verbrachte sie Tage allein in ihrer Turmkammer mit dem Spiegel, den sie um eine Antwort anflehte. Doch seit ihrer Hochzeit hatte das Artefakt geschwiegen. Bis der alte Hofarzt in einer eisigen Winternacht Yelenas sechste Schwangerschaft verkündete und sie sich weinend im Turm einschloss, noch immer an dem Leichentuch ihres verstorbenen Sohnes stickend. In dieser Nacht schickte der Spiegel seiner Hüterin eine Vision, den einzigen Weg, dieses sechste Kind zu retten. Im Geheimen, ohne das Wissen ihres Mannes oder irgendjemandem sonst, gab Yelena drei Tropfen ihres mächtigen Feenblutes und wirkte einen Bann. „Gib mir ein Kind so weiß wie Schnee, so schwarz wie Ebenholz und so rot wie Blut.“ Ein Kind, das die Schuld tilgen würde, die sie vor Jahren auf sich geladen hatte. Ein Kind, das geboren war aus Unschuld, Liebe und Tod.
Die Schwangerschaft war hart, doch auf wundersame Weise brachte Yelena eine gesunde Tochter zur Welt: Magarethe. Sie überlebte das zweite Jahr. Sie war munter und fröhlich und rundum ein Sonnenschein. Der König lachte wieder und Yelenas alter Freund, der Spiegelmacher, versprach der jungen Königin, dass alles gut werden würde. Sie glaubte ihm. Für zwei wunderbare Jahre war es das auch.
Eines Nachts klopfte eine fremde Frau an die Tore von Oshuns Schloss und stellte sich als alte Freundin der Königin vor. Ichabod war erstaunt, doch er hatte erst kürzlich wieder Vertrauen in sich selbst und sein Volk gefasst, und so ließ er sie ein. Die Fremde trat allein in Yelenas Kammer und offenbarte sich ihr gegenüber als keine andere als ihre einstige Feenschwester, Evanora. Nach Jahren war sie gekommen, um Rache zu üben und Yelena endgültig zu bestrafen. Sie bettelte sie an, ihre Tochter zu verschonen, doch Evanora kümmerte das Kind gar nicht. In tiefster Nacht, von Magie vor Eindringlingen geschützt, webte sie einen Bann, der Yelena im Spiegel der Wahrheit einkerkerte, auf dass dieser fortan von ihrem Leben zehren würde. Sie machte Yelena zu einem Wraith, einem Geist, der sich an magische Gegenstände binden ließ, und verhexte die Gedanken jedes Menschen in Oshun. Fortan glaubten sie alle, die Königin wäre einer Krankheit anheimgefallen und unwiederbringlich tot.
Die folgenden fünfundzwanzig Jahre brachen Yelenas Herz Tag um Tag. Ichabos menschliche Augen erkannten sie nicht, ihre Tochter wuchs ohne Mutter auf. Ein halbes Jahr nach ihrer Gefangennahme erklärte Ichabod sich bereit, Evanora zu ehelichen und fortan machte die eitle Fee Yelena und den Spiegel zu ihrem bestgehütetsten Schatz. Die Macht des Spiegels und Evanoras Zauber zwangen Yelena, ihr jede Frage wahr zu beantworten. Beides raubte ihr die Kraft und beinahe auch ihren Verstand. Einzig der Gedanke an ihre Tochter und das Spinnrad im Inneren des Spiegels hielten sie davon ab, wahnsinnig zu werden. Sie spürte, dass der Spiegel sie und ihre Macht veränderte, sie immer mehr zu etwas anderem machte, und fürchtete sich vor dem Tag, an dem sie sich daran gewöhnen würde.
Die neue Königin war grausam, hochmütig und hasste ihre Stieftochter mehr als alles andere auf der Welt. Sie behandelte sie wie eine Dienerin und Yelena konnte nur zusehen und einen ewigen Faden spinnen. Magarethe war fünfzehn, als Evanora den Spiegel zwang, ihr ihre Macht und Schönheit preiszugeben und beschloss, sie loszuwerden. Im Jahr zuvor war Ichabod unerwartet gestorben, angeblich an einem gebrochenen Herzen. Yelena war zu schwach, um sie aufzuhalten oder zu verhindern, dass Evanora von Magarethes Überleben erfuhr. Sie war noch stiller geworden, hatte jegliche Gegenwehr aufgegeben und sich ihrem Schicksal gefügt. Sah es als gerechte Strafe für den Fluch an, den sie einst verhängt hatte. Hilflos sah sie dem Spiel von Katz und Maus zu, das ihre Tochter und Evanora vollführten, sah zu, wie Evanora Magarethe wieder und wieder zu töten versuchte.
So lange war Yelena teilnahmslos und allein, dass sie Evanoras Abwesenheit erst bemerkte, als der Spiegel selbst ihr ihren Tod einflüsterte. Durch ihn sah sie die Hochzeit ihrer Tochter mit einem Prinzen, der sie gerettet hatte. Für einen Moment hoffte sie, gefunden zu werden, doch Magarethe ließ das Turmzimmer, die frühere Kammer ihrer Stiefmutter, verschließen und verbat jedem, den magischen Spiegel auch nur anzusehen. Mehr Jahre der Einsamkeit, der Verzweiflung und des Kummers, in denen Yelena sich beinahe wünschte, Besuch von der Bösen Königin zu erhalten.
Stattdessen schlich in einer Neumondnacht keine geringere als Magarethe in die Kammer, nun so alt wie Yelena es gewesen war, als man sie eingesperrt hatte. Siebenundzwanzig. Ein Vierteljahrhundert war seither vergangen. Magarethe sah den Spiegel, doch nicht ihre Mutter darin, die aufsprang, an das Glas hämmerte und sie anflehte, sie herauszuholen. Auch ihre Stimme blieb ungehört – glaubte sie zumindest. Magarethe sah in den Spiegel, flüsterte etwas und hob die Hand. Ein machtvoller Energiestoß prallte gegen den Spiegel und zerschmetterte das Glas.
Doch statt sie zu befreien, hatte die Magie des Todes ihre Finger nach der bereits zu einem Geist gewordenen Yelena gegriffen – und ließ sie begreifen, dass ihr Zauber in Erfüllung gegangen war. Sie hatte ein Kind so weiß wie Schnee, so rot wie Blut und so schwarz wie der Tod geboren.

*Wraiths sind Geister, die in Yelenas Welt entstehen, wenn magische Wesen getötet werden. Während der Dunkelheit können sie eine greifbare Gestalt annehmen, im Tageslicht allerdings nehmen sie eine durchscheinende Gestalt an und können nichts berühren oder berührt werden. Häufig werden sie, auch in Yelenas Fall, in einem Objekt gebannt, um diesem Macht zu verleihen.